Bildung macht Sprache tot
Ein paar offene Fragen über Kommunikation vom Mausebär (a.k.a. Thorsten Dürholt)
Gestern hatte ich eine interessante Erfahrung, denn aus gegebenem Anlass, wurde mein Text nicht nur von Sonja, sondern auch von Alex redaktionell überarbeitet.
Während Sonja zumeist meine Ansichten stehen lässt, wie sie kommen und sich im Lektorat auf meine zahlreichen Zeichensetzungsfehler, die Geschlossenheit der Sätze und eine verständliche Aussage meiner Ausführungen konzentriert, passierte diesmal etwas Neues.
Alex konnte sein „inneres Känguru“ nicht zügeln und musste eine Erklärung zu einem meiner rhetorischen Bilder zufügen. Obwohl ich ihm sagte, dass ich es bevorzuge, wenn meine Leser selber recherchieren, war es ihm wichtig.
Dieser Vorgang brachte mich später ins Grübeln.
Wie sehr ist die Bildhaftigkeit der Sprache an die Bildung des Autors (oder Sprechers) gebunden?
Ich begann eine kleine Recherche, zu erst in meinem Hirn, dann in meinen Aufzeichnungen.
Was musste ich da feststellen?
Meine Gedanken sind durchdrungen von dem, was manche Personen als „humanistische Bildung“ bezeichnen.
Wie selbstverständlich nutze ich Bilder aus Kunst, Kultur und Geschichte. Auch Anspielungen aus der Welt der Literatur und der Philosophie findet das kritische Auge in meinen Texten.
Wie selbstverständlich, ja fast träumerisch, benutze ich diese liebgewonnen Bilder.
Manchmal spiele ich sogar damit und kann mir einen humorigen Unterton und kleine Respektlosigkeiten nicht verkneifen.
Aber warum ist mir das so selbstverständlich?
Ich glaube, es liegt daran, dass ich in diesen Bildern denke und sie mir tagtäglich in meinem Medienkonsum begegnen.
Meine Bildung hat ein Terrain erschaffen, auf dem ich mich sicher fühle. Es ist mir bekannt und vertraut.
Während ich schreibe, helfen diese Bilder meine Gedanken zu sortieren. Es sind Metaphern, die mit einem Gefühl verbunden sind.
Was ich dabei stets vergesse ist, dass nicht jedem Menschen diese Bilder so vertraut sind wie mir.
Kaum ein anderer Mensch hat meinen Bildungsweg auf die gleiche Art wie ich beschritten.
Ich meine damit weder Quantität noch Qualität meiner Bildung – da will ich mich gar nicht auf einen intellektuellen Genitalvergleich einlassen. Was ich sagen will ist, dass ich recht früh entschieden habe meinen eigenen Interessen zu folgen. Und während ich aus familiärer Seite mit Theater, Museen und Kulturausflügen reichhaltig gefüttert wurde, lfraß ich mich in alles rein, was mich interessierte.
Ich selber wählte den Weg meiner Bildung.
Bei weitem ist meine Bildung nicht allumfassend.
Obwohl ich genug allgemeines Wissen habe, um in fast jedem Thema Kompetenz vorgaukeln zu können, kenne ich meine eigenen Unzulänglichkeiten recht genau.
Und genauso wie Alex bei meiner Verwendung von Gestalten aus klassischen nordischen Mythen (Göttergeschichten) einfach mal nachfragt, so muss ich nur allzu oft meine Lücken eingestehen, wenn es um naturwissenschaftliche Zusammenhänge geht.
Ehrlich gesagt, finde ich das sogar angenehm, denn zum einem lerne ich gerne etwas Neues, zum anderen lasse ich mir gerne was von Alex (oder auch Sonja) erklären.
Ich mag es, wenn mir Leute aus ihren Kompetenzen berichten.
Ich liebe es, außerhalb meiner Bildungszone zu diskutieren.
Da bin ich wie Bear Grills (der Abenteurer aus verschiedenen Fernsehformaten), nur statt mit dem Überlebensmesser in den Dschungel, gehe ich mit meinem Halbwissen (oder der gemischten Allgemeinbildung, wenn man es positiver ausdrücken will) auf intellektuelle Safari in die fremden Territorien mir unbekannter Bildungszweige.
Ich bin quasi ein „Diskussions-Survivalist“.
Aber passen meine Bilder damit noch zu meinen Zielen?
Ja und Nein.
Nein, sie passen nicht, denn wenn meine Leser diese Bilder nicht erfassen können, wie sollen sie dann die Botschaft verstehen oder sogar verinnerlichen ?
Was bringt ihnen mein Text, wenn sie ihn weder verstehen noch deuten können?
Und wie soll ich Stammleser außerhalb meiner persönlichen „Intellektuellen Elite“ finden, wenn ich zu abgehoben kommuniziere?
Auf der anderen Seite ein eindeutiges Ja, denn diese „abgehobenen“ Gleichnisse gehören zu meinem Stil.
Schaffe ich es nicht oft, neben meinem philosophischen Geschwurbel auch eine klare Aussage beizufügen?
Rege ich nicht den einen oder anderen Menschen vielleicht an, über seinen Tellerrand zu schauen und neue Dinge zu entdecken?
Und somit komme ich zu meinem Titel.
Ruiniert unsere individuelle Bildung die Kommunikation?
Wie können Menschen mit unterschiedlichstem Bildungshintergrund kommunizieren?
Machen diese Bilder, die aus unserer Erfahrung und unserem Interesse erwachsen, unsere gemeinsame Sprache zur Fremdsprache?
Welcher bösartige Gott hat unseren „babylonischen Turmbau“ des Geistes verflucht, in dem er soviele Sprachen, innerhalb einer Sprache, unter uns brachte, dass wir uns schwer tun, gemeinsame intellektuelle Höhen der Erkenntnis zu erklimmen?
Nietzsche meinte einmal „Gott ist tot, und wir alle haben ihn getötet“ in seinem genialem Werk „Gottes Tod“ und er sprach dabei von dem Wechsel moralischer Paradigmen, die ein ethisches und moralisches Vakuum in der Gesellschaft hinterlassen.
Hat das Anwachsen des gesamten Menscheitswissens und der Zugang zum diesem durch moderne Medien den Stand des Universalgelehrten (wie z.B. einen Herren Goethe) überflüssig und sogar unerreichbar gemacht?
Zumindest gibt es nicht „die Eine“ Bildung.
Ähnlich wie die berühmten Ringe von Herrn Tolkien, gibt es doch verschiedene „Ringe der Macht“ (also Bildungsspezialisierungen), aber „die Eine“ Bildung, „sie alle zu knechten…“, gibt es hoffentlich noch nicht.
Ansonsten werde ich, sobald ich sie gefunden habe, den Schmusehamster und das Alphatier um mich sammeln und unseren persönlichen Gandalf bitten, mir den Weg nach Mordor (West) zu weisen, um dieses Monster in der glutheißen Wahrheit zu schmelzen. Fest versprochen…
Macht also Bildung die Sprache tot ?
Eine gute Frage, aber echt unnütz, denn wer mich kennt weiß, dass ich so bleibe wie ich bin. [Anmerkung des Kängurus – Du darfst!]
Ich rede wie mein „Schnabel gewachsen ist“.
Euer Mausebär ist ein liberal-intellektueller Kulturvogel (gibt es Bärenvögel?).
Ich hoffe, ihr lest trotzdem gerne was mir so in die Tastatur fällt. Und solltet ihr etwas nicht verstehen, lädt euch mein innerer Sozialpädagoge gerne ein zu fragen. Gerne in den Kommentaren und gerne auch als Diskussion.
Ich werde daraus (mit-) lernen…
Obwohl ich im tiefen Inneren mein Herz an Thalia verloren habe, hoffe ich, dass mir Kalliope weiterhin gewogen bleibt und meine schreibenden Hände küsst (Liebes Känguru, google einfach nach den griechisch-römischen Musen).
Euer kulturell beseelter Mausebär (a.k.a. Thorsten Dürholt)
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