Das grenzt an Analyse von Grenzen

Ein grenzüberschreitende Analyse vom Mausebär (a.k.a Thorsten Dürholt)

Gestern hatten wir, mal wieder, unsere Redaktionssitzung (Brav über Google Duo).
Diesmal hatten wir einen Gast an unserem virtuellem Tisch. Udo hatte sich uns angeschlossen, um uns bei der redaktionellen Arbeit an seinem Text zu helfen.
Es kam zu einer interessanten Diskussion über zwei Sätze seines Textes. In diesen Sätzen ging es um Drogenkonsum und Prostitution. Diese Sätze ließen ein Mitglied aufhorchen, dabei hörte man die innere Frage „Darf ich Das?“ in der verbalen Äußerung: „Ich fühle mich mit diesem Absatz nicht wohl!“
Sofort gab es Diskussionsbedarf, wobei sich der Autor gepflegt zurückhielt, während bei uns, in der Redaktion, eine neue Auflage von „Drei Stühle – Drei Meinungen“ herrschte.
Es kristallisierte sich heraus, dass eines unserer Redaktionsmitglieder den Text aus Gründen der Authentizität, so belassen wollte (quasi mit dem „Schweinkram“), ein anderes Mitglied war der Meinung, dass dieser Text eine eindeutige Anmerkung der Redaktion erforderte (das nennt man kommentierte Veröffentlichung – Geht ja auch mit „Mein Kampf“), während dass dritte Redaktionsmitglied um die Streichung bat.
Es gab keinen Streit, denn die anderen Mitglieder konnten (auch dank Udos Verständnis) der Löschung beipflichten.
Wir können uns halt einigen – eine unserer angenehmsten Stärken.
Was bei mir hängenblieb, war die Argumentation, dass solche Sätze bei „Teilen unserer Leserschaft Fragen aufwerfen könnte“. Oder Unwohlsein.
Und das brachte mich auf mein heutiges Thema.

Grenzen – Was ist das ?

Eindeutig befürchtete eines unserer Redaktionsmitglieder (nein, ich enthülle nicht, wer bei uns die Stimme von Vernunft und Anstand ist), dass wir mit diesem Absatz Grenzen überschreiten.
Das brachte mein inneres Team dazu, das Thema Grenzen mal auf die Tagesordnung zu setzen.
Und wie immer, begann ich mit einer Bestandsaufnahme und einer Definition.
Es gibt für mich drei Hauptarten von Grenzen, physische Grenzen, soziale Grenzen und psychische Grenzen.
Wie unterscheide ich diese nun?

Die physischen Grenzen – Am Ende unserer Möglichkeiten

Physische Grenzen zu definieren ist auf den ersten Blick leicht.
Ich bewege mich (wie auch immer) und werde dann in meiner Bewegung gestoppt.
Das kann eine natürliche Grenze, wie ein breiter Fluss, eine Felswand oder eine Schlucht sein. Oder eine erbaute Barrikade, wie eine Wand oder ein Zaun. Aber auch einfach die Grenzen meiner körperlichen Fähigkeiten, wie z.B. mein Bewegungsradius, oder einfach ausgedrückt: Paris ist für mich kein realistisches Ziel für einen Spaziergang, da komme ich schon sehr weit vorher an meine Grenzen.
Manche Grenzen werden auch durch extreme Belastungen des Körpers gesetzt, wie zum Beispiel die Tiefsee, deren Wasserdruck ein normaler Mensch (ohne Ausrüstung) nicht aushält. Oder die oberen Schichten unserer Atmosphäre.
Einfach nicht für unseren Körper gemacht.

Die sozialen Grenzen – Die Macht der Gemeinschaft

Hier wird es etwas kniffliger, denn diese Grenzen sind meist immateriell.
Die politischen Grenzen (Politik gehört auch, wenn man es meist nicht glauben will, zu den Sozialwissenschaften), sind zuallererst Linien auf Landkarten, auf die sich Menschen geeinigt haben. Manchmal kann man diese Grenzen weder sehen noch spüren, während man fröhlich in ein anderes Bundesland, oder gar in eine andere Nation, wandert.
Auch unsere Gesetze gehören zu den sozialen Grenzen, denn sie definieren die Grenzen unseres gemeinsamen Zusammenlebens.
Eigentlich sind alle Regeln und Normen Grenzen.
Es werden Parameter festgelegt, in denen wir uns bewegen dürfen.
Die Grundlage aller dieser Grenzen sind Absprachen und daraus resultierende Verfügungen. Irgendwer hat diese Grenzen festgesetzt und solange es keine Änderung gibt, bleiben sie bestehen.
Leider auch in den Köpfen der meisten Menschen – aber das ist mein persönliches Problem mit der Gesellschaft und wird irgendwann anders (wahrscheinlich in der Speaker‘s Corner) erläutert.

Die psychischen Grenzen – Am Rande unseres Vorstellungsvermögens

Jetzt komme ich zu den inneren Grenzen.
Das wird jetzt richtig kompliziert, denn hier reden wir über unsere innere Haltung.
Auf der einen Seite steht unsere Moral (das, was wir denken, dass es richtig ist), unser Glauben (das, was wir denken, dass es wahr ist) und unser Selbstvertrauen (das, was wir denken, dass wir es können).
Auf der anderes Seite stehen unsere Ängste (das, vor dem wir aus Furcht Abstand halten), unsere Zweifel (das, vor dem wir aus Machtlosigkeit Abstand halten), unsere Intoleranz (das, vor dem wir aus schlechter Erfahrung Abstand halten) und unsere Ignoranz (das, vor dem wir aus Unwissenheit Abstand halten).
Wir setzen uns bewusst oder unbewusst selber Grenzen.

Was mache ich jetzt damit?

Der Mensch ist schon seit Urzeiten ein Wesen, das gerne seine natürlichen Grenzen herausfordert.
Das ist ein Trieb, der in uns steckt.
Wenn wir unsere eigenen Grenzen überschreiten, reagiert meist das Belohnungssystem in unserem Körper unmittelbar. Sei es das gute Gefühl nach dem Sport, seine Leistungsgrenze überschritten zu haben, das Erfolgsgefühl ein Hindernis überwunden zu haben, oder der Rausch, von verbotenen Früchten zu naschen.
Mittlerweile gibt es sogar ganze Zweige der Industrie, die uns (gegen eine kleine Aufwandsentschädigung) dabei helfen, Grenzen zu überwinden. Seien es Anwälte, Therapeuten, Sporttrainer, Motivationsgurus oder Reiseunternehmen.

Ich könnte jetzt extrem philosophisch werden und mit dem Text „Mängelwesen Mensch“ von Arnold Gehlen anfangen, aber mir ist heute nicht nach klugscheißen. Darum Ende ich jetzt mit meiner persönlichen Meinung über Grenzen…

Was denke ich über Grenzen?

Grenzen sind gut, denn sie helfen mir dabei, mich zu orientieren.
Manchmal als Mauern und manchmal nur als Haltegriffe, geben sie mir einen klar definierten Raum.
Etwas zum festhalten.
Wie jede Mauer bieten sie mir auch Schutz. Schutz vor anderen Dingen.
Aber muss ich immer Brav bleiben?
Nein, denn ich wandere gerne an meinen Grenzen und betrachte sie gründlich.
Manchmal muss ich einen löchrigen Teil ausbessern, manchmal eine neue Tür installieren.
Und manchmal muss ich meine Grenzen neu definieren.
Ich gehe zeitweise über meine Grenzen. Danach frage ich mich, ob es mir gut getan hat. Wenn ja, ist es Zeit, meine Grenzen neu zu ziehen. Wenn nein, dann sollte ich lernen, meine Grenzen zu respektieren.

Das ist was ich mitteilen will – Nicht Grenzen sind das Problem, sondern der richtige Umgang damit.

Mit grenzenloser Freude,

Euer Mausebär (a.k.a Thorsten Dürholt)

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