Kekse sparen ist unmoralisch…

Es ist schon manchmal interessant. Es gibt so Tage, da schlurfe ich ohne Meinung und/oder Konzept einfach so durch das Weltgeschehen und kann prima akzeptieren, dass mir heute aber so ziemlich alles völlig egal ist. Manchmal darf mich die Aussenwelt einfach ganz zärtlich dort mit der Zunge berühren, wo die Sonne nicht scheint.
Ich bin nicht einmal negativ berührt, sondern alles ist mir heute massiv egal.

Heute vegetiere ich lediglich in meiner eigenen kleinen Welt vor mich hin, wiege die Pros und Kontras meiner Tagesaufgaben lediglich nach den Faktoren der Vermeidung von Ärger und dem Lustprinzip ab und bin auch frei von jedem Zeitstrom.
Was interessiert mich mein Geschwätz von Gestern und was soll mit Morgen sein, da bin ich vielleicht schon hinweggerafft von irgendeinem widrigem Umstand.

Dinge bereuen und aus der Vergangenheit lerne? Nein Danke, heute nicht. machen andere Leute ja offensichtlich auch nicht, dann kann ich dass doch auch einfach mal sein lassen.
An die Zukunft denken und für Morgen sorgen? Och nö, das bringt weder kurzfristig noch auf länger gesehen was, weil die Dinge sich eh stets verändern. Was ich heute für übermorgen spare, wird mir morgen wahrscheinlich abhanden kommen (oder eher weggenommen).

Sparen ist sowieso ein dämliches Prinzip.
Wirtschaftlich macht Sparen keinen Sinn, denn es entzieht dem ökonomischen Markt das Kapital und damit auch die Grundlage zur Entwicklung.
Auch moralisch ist Sparen bedenklich, denn der Erwerb von Zinsen oder Dividenden funktioniert nur so lange, so lang andere Menschen mit ihrem Konsum bereit sind, Schulden zu generieren, die die Zinsen erwirtschaften.

Um das an einem Beispiel zu verdeutlichen, sagen wir ich habe 5 sehr schöne Steine. Diese Steine sind furchtbar toll und absolut einzigartig. Aber ich kann sie gerade nicht für irgendwas verwenden, daher will ich sie mir für später aufbewahren.
Ein Mitglied meiner sozialen Gruppe könnte diese Steine aber gut gebrauchen, um damit etwas zu machen. Zum beispiel eine Frau, mit der er sich paaren will zu beeindrucken.
Er fragt mich also, ob ich ihm die Steine, die ich gerade nicht brauchen kann, eine Zeit lang leihe (also unentgeltlich auf bestimmte zeit zur Verfügung stelle).
jetzt ist es aber so, dass meine Beziehung zu diesem Gruppenmitglied nicht gerade sehr tief ist und die böse Stimme in mir (der angeborene Egoismus) fragt sich, was ich denn davon habe. Also biete ich dem Fragenden an, ihm die Steine zu vermieten (also eine bestimmte Zeit gegen Entgelt zu überlassen). So hat er was davon, weil er die Steine nutzen kann, um sein Ziel zu erreichen und ich habe was davon, weil ich für die Überlassung meiner tollen Steine eine Belohnung bekomme. Alle zufrieden (bis auf die zur Paarung gelockte Frau, wenn sie mitbekommt, dass die tollen Steine gar nicht dem Kerl gehören, aber das ist eine andere Geschichte der Amoralität).
Jetzt muss nur ein Preis ausgehandelt werden.
Als findiges Köpfchen denke ich schnell. Ich möchte für das Vermieten der Steine einen weiter Stein. Also statt den fünf tollen Steinen, will ich sechs zurück. Klingt erstmal sinnvoll, so sind meine Steine sicher und wenn ich sie benötige, habe ich einen mehr als vorher.
Das Problem ist nur, dass wir halt lediglich diese fünf Steine haben.
Aber auch da gibt es eine einfache Lösung. Ich investiere einfach und biete dem armen Steinlosen einen guten Handel an. Ich verliere dabei nichts, weil meine fünf Steine bekomme ich sowieso zurück, wenn ich sie brauche und im Moment liegen sie eh nur rum. Tatsächlich machen sie sogar Arbeit, schließlich muss ich sie putzen, darauf aufpassen und sie mit mir herumtragen. Alles das übernimmt ja eine bestimmte Zeit der Mieter der Steine für mich. Und ich bekomme sogar was dafür, dass er meine Arbeit erledigt.
Also, clever wie ich bin, biete ich großzügig an, dass er trotzdem meine Steine mieten darf und er schuldet mir dann zwei wunderschöne Steine. Allerdings setzte ich diese Schuld solange aus, bis er zwei weitere Steine gefunden hat. So dass die nächsten beiden schönen Steine, die er findet dann mir gehören. Und solange bis er die Steine gefunden hat, soll er meine Großzügigkeit preisen, indem er mir täglich einen Keks gibt. Ganz plötzlich bin ich Investor (ich investiere fünf Steine, um sieben zurück zu bekommen) und erhalte auch noch Zinsen, in Form von Keksen. Meine bis dahin unnützen Steine arbeiten plötzlich für mich. Ich habe plötzlich weniger Arbeit mit den Steinen und mehr Kekse, weil der Besitz (also die tatsächliche Verfügung über etwas) meines Eigentums (der tatsächliche Rechteinhaber an etwas) jemandem anderen Vorteile bringt.
Zwei Sachen habe ich dabei aber noch nicht bemerkt, nämlich zum einen habe ich den fünf Steinen einen konkreten Wert gegeben (nämlich einen Keks täglich) und ich habe zwei fiktive Steine erschaffen, weil ich ja jetzt der Eigentümer von sieben Steinen bin (den fünf ursprünglichen und den zweien , die erst noch gefunden werden müssen). Plötzlich gibt es in unserer Gemeinschaft sieben tolle Steine (zumindest in Theorie).
klar bin ich bereit, zu selben Konditionen die Steine (nach ihrer Rückgabe) auch an andere zu vermieten, da ich ja von jedem, der mir meine zwei Steine noch nicht gezahlt hat, täglich einen Keks bekomme. Und je mehr Kekse, umso besser.
Und sowohl die Keksproduktion unserer Gemeinschaft, als auch die Anzahl an fiktiven Steinen erhöht sich immer mehr. Bald schuldet mir jedes Mitglied der Gemeinschaft die ersten beiden hübschen Steine, die er finden kann und eine tägliche Zahl von Keksen.
Ein anderes Mitglied ist nun findig und sagt den anderen Bescheid, das er alle Kekse backt, die ich täglich bekomme, wenn die anderen ihm die Zutaten geben und davon genug, das er auch seine Schuldenkekse backen kann und ein paar extra Kekse, nur für sich zum selber essen. natürlich weiß er, welche Kekse ich am liebsten mag und wie er sie am besten herstellt und hat somit auch ein gutes Argument, warum er die Aufgabe am besten übernehmen kann, somit sind alle einverstanden.
Mittlerweile bekomme ich täglich mehr Kekse, als ich essen kann, also fange ich an, die Kekse gegen andere Dinge zu tauschen, die mir nützlich sind. Andere tauschen Sachen mit mir, haben aber plötzlich auch mehr Kekse als sie wollen und fangen an Kekse untereinander gegen andere Dinge zu tauschen. Voll praktisch, weil ein Keks wiegt viel weniger als so ein Huhn, oder so.
Mittlerweile muss ich nicht mehr arbeiten, da ich nicht nur täglich meine Kekse bekomme, sondern auch einen geschickten Mitarbeiter habe, der gegen eine gewisse Zahlung meiner überzähligen Kekse meine Kekse gegen alle Waren und Dienstleistungen für mich tauscht, die ich gerne haben möchte.

So meine lieben Freunde funktioniert Kapitalismus, man muss nur die Steine gegen einen beliebigen Wertbesitz, der in seiner Verfügbarkeit eingeschränkt ist austauschen und die Kekse gegen ein beliebiges Zahlungsmittel,auf das man sich als allgemeines Tauschmittel geeinigt hat.

Wenn an darüber nachdenkt, ist das sparen dann der Umstand, sich Kekse zum tauschen aufzuheben, bzw. die Kekse, die man überzählig hat, jemanden zu vermieten, der sie braucht, um dann mehr Kekse zurück zu erhalten. das sorgt dafür, dass die anzahl der (fiktiven) Kekse immer mehr wird und so sinkt langsam der Wert der Kekse, weil andere Güter seltener werden, als die Kekse und daher mehr wert.
Geschickte Strategen investieren dann in andere Güter (wie zum Beispiel schöne Steine, falls mittlerweile genügend gefunden wurden, aber sicherlich hat sich ein schlauer Mensch bereits auf die Suche gemacht, um zum einen seine Schulden zu bezahlen und zum anderen mehr Steine zu bekomme, um diese selber vermieten zu können, oder an andere Leute zu verkaufen, damit diese ihre Schulden bezahlen können), so dass dein anwachsender Keksreichtum immer weniger wert wird.
Irgendwann wird dann entweder festgestellt,
– dass es gar nicht genügend Steine gibt, um die Schulden zu decken (die Investitionsblase platzt),
– dass es zu viele Kekse gibt, so dass die Preise für andere Güter viel zu hoch sind (Inflation),
– dass zu viele Menschen ihre Kekse horten, so dass die Preise sinken, weil nicht genügend Kekse im Umlauf sind (Deflation),
– dass keiner in der Gesellschaft mehr Kekse mag und man was anderes zum tauschen nimmt (Währungsreform),
und ähnliche Gefahren für unsere kleine Wertegemeinschaft (so nennt man eine Gruppe mit einem gemeinsamen Markt auf den Güter und Dienstleistungen getauscht werden).
Solange dann die nötigen Änderungen durch diejenigen bestimmt werden, denen die meisten Steine (und aber nicht notwendigerweise die meisten Kekse) gehören, wird versucht das System zu erhalten und zwar zur Rechnung von den Geringkeksern.

Genau das läuft gerade in der Welt (so ziemlich Global) und während wir ungefähr 53% Geringkekser habe (Tendenz steigend), denen ungefähr 1,1 der gesamten Keksbestände gehören, gehören die echten und fiktiven Steine den ungefähr oberen 1,2%, denen auch 47,8% der allgemeinen Keksbestände gehören. Die restlichen 36,9% führen einen erbitterten Kampf um die restlichen 50,1% der existenten (oder fiktiven) Kekse und prahlen mit ihren mehr oder weniger gut gefüllten Keksdosen. (Stand 2020, Tendenz ins extremere).

Mittlerweile habe ich die Schnauze voll von Keksen und Steinen, weil eigentlich ist mir ja alles egal (heute).
Aber ich denke, ich konnte vermitteln, warum ich das Prinzip des Schulden machen, des Geld vermieten und des Sparen nicht unbedingt hoch schätze, da ich nicht an dem Rennen teilnehmen möchte, um ein Teil der 36,9% zu werden (Vergiss es zu den 1,2% zu gehören, das ist eine geschlossene Gesellschaft), weil ich damit zum einen, die Herrschaft der 1,2% unterstütze und zum anderen die Chancen relativ schlecht stehen, zum einen zu der Gruppe der jeweils jedem zweiten zu gehören, die sich zu großen Teilen selbst abstrampeln, um genügend Kekse haben und zum anderen dort eine signifikant sichere Position zu erhalten, die verhindert, dass ich wieder in die Geringkeksergruppe falle (die ja immer größer wird).
Deshalb lebe ich von staatlich zugeordneten Hartgebäck und versuche mit meiner Arbeit einen anderen Lohn zu generieren. Etwas gleichzeitig weniger und doch umso mehr substantielles.

Ich hoffe mine kleine Analogie konnte euch ein wenig den Wahnsinn des Kapitals nahe bringen, und wenn nicht, ist es mir heute auch egal.

Euer Mausebär

2 Kommentare

  • Hallo Mausebär,
    das zu so später Stunde zu lesen, ist eine Herausforderung ☺️ mal
    etwas fürs Hirn ☺️
    Aber wirklich gut geschrieben ☺️
    So funktioniert die verkorkste Welt wirklich
    Danke für diesen Klartext ☺️✊️

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