Kurz Geregelt

Heute gönne ich mir einen sehr frühen Sonntagstext (oder Sonntagspredigt) aus zwei Gründen.
Als erster Grund steht die Tatsache, dass ich zum Datumsübergang noch wach bin und fit genug um zu schreiben und ich mir auf diese Weise nachher einen langen Schlaf und einen freien Sonntag gönnen kann.
Der zweite Grund ist Inspiration. Es gibt da was, worüber ich ein paar Worte sagen will.

Ich habe gerade erneut über mein Problem mit Verboten nachgedacht. Rein gefühlt entwickelt sich unsere Gesellschaft immer mehr zu einer Tabuzone, in der immer mehr Dinge bestraft werden. Nicht nur (aber auch) offiziell durch unsere legislativen Mächte, aber auch durch gesellschaftlichen Druck und moralische Vorstellungen.
Immer mehr Verhaltensweisen sind unerwünscht oder verboten und werden auf die eine oder andere art negativ sanktioniert, sei es durch offizielle Strafe oder durch Ächtung und Feme in den sozialen Netzwerken und den Medien.
Dabei wird die Gesellschaft nicht saubere, sondern im gegenteil, werden immer mehr Menschen misstrauisch, unleidig und gönnen dem Mitmenschen nicht mehr das Schwarze unter dem Fingernagel.
Häufig sehen ich egoistisch motiviertes Fehlverhalten in den regeln der Verkehrsordnung (blinken ist ja nicht mehr modern), aber auch in normalen sozialen Interaktionen (erstmal die Leute rauskommen lassen, bevor man sich reindrängelt). Viele Menschen fordern Rücksicht, sind selber aber weder bereit vorausschauend zu handeln, noch Rücksicht zu gewähren. Im Recht fühlt sich sowieso jeder, weil es ja auch genügend Recht gibt, dass Jeder und Niemand im Recht ist. Es blickt kaum einer mehr durch.

Schon in meiner Zeit als Erzieher habe ich für mich herausgefunden, dass es wesentlich leichter ist Menschen mit positiven Sanktionen zu formen, als mit negativen. Aber das bedeutet Zuwendung zu geben. Wenn ich gutes Verhalten belohne (und sei es nur mit Anerkennung) fördere ich dieses verhalten, wenn ich negatives Verhalten bestrafe fördere ich zumeist Vermeidungstaktiken und Berechnung.
Die Furcht vor Strafe äußert sich meist darin, zu versuchen sein falsches Verhalten zu kaschieren und zu verbergen.
Das bedeutet es ist meistens zeitaufwendiger, aber auch nachhaltiger, jemanden sein Fehlverhalten zu verdeutlichen und Einsicht zu fördern.

Es ist eigentlich recht einfach, wenn ich etwas falsch mache und jemand erklärt mir auf wohlmeinde Art, warum dieses Verhalten schädlich ist, versuche ich eine neue (und bessere) Art zu finden meine Ziele zu erreichen. Bekomme ich allerdings einfach eine Strafe, werde ich mir zum einen Überlegen, wie ich das nächste Mal die Strafe umgehe und eine Kosten-Nutzen-Überlegung anstellen. Ich kenne Leute die rechnen tatsächlich ihre Chancen aus, in öffentlichen Verkehrsmitteln kontrolliert zu werden und rechnen die zu erwartenden Bußgelder gegen die Kosten für Tickets auf. Das sagt doch viel aus…

Unser Gesellschaftssystem belohnt Tugenden nicht mehr, sondern bestraft lediglich Fehlverhalten. Früher gab es Möglichkeiten in der Gesellschaft durch tugendhaftes Verhalten Anerkennung und auch Wohlstand zu erreichen, aber heutzutage geben sowohl Politiker als auch Prominente ein trauriges Bild ab (und kein Vorbild mehr).
Wenn Leute des öffentlichen Lebens gefühlt konsequenzenlos unsere Regeln brechen und Posten in der Gesellschaft durch Netzwerke und nicht durch Fleiß und Anerkennung besetzt werden, verliert sich die Motivation des Einzelnen.
Unsere Gesellschaft kriminalisiert sich selbst immer mehr, in dem immer mehr Verbote geschaffen werden. Das Denken und die Vernunft werden an einige Wenige delegiert, die dann alles vorgeben. Was wir essen sollen, wie wir reden sollen, welche Sachen wir gut finden sollen, was wir wissen sollen und was nicht und so weiter…

Eien aufgeklärte Gemeinschaft lebt durch die Eigenverantwortung ihrer Mitglieder, aber Eigenverantwortung braucht auch Freiraum. Und Regeln brauchen eine innere Folgerichtigkeit um akzeptiert zu werden.
Kleines Beispiel:

Wieso fordern manche Leute ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen, sind aber nicht gegen den Verkauf von Kraftfahrzeugen, die deutlich mehr Leistung bringen. Das ist doch grotesk. Wenn keiner (außer Sicherheitskräften) mehr Kraftfahrzeuge hätte, die mehr als 140 KmH fahren könnten, bräuchten wir kein Tempolimit.
Und selbst mit Tempolimit ist im Prinzip,meines Erachtens nach der Verkauf eines Kraftfahrzeuges, was dann deutlich mehr als die erlaubten 130 KmH leisten kann die Aufforderung zum Begehen einer Straftat, oder nicht?
Und die Bemessung der Bußgelder nach einem Katalog und nicht nach dem Einkommen des Verursachers schafft auch noch ein Zwei-Klassen-Recht, was die Übertretung von Tempolimits zum Rechenbeispiel macht.

Das ist ein kleines Beispiel für unausgegorenes Denken in der Gesellschaft und verdeutlicht für wen (oder besser gegen wen) Gesetze gemacht und Auflagen erlassen werden.
Wer genug Geld oder Macht hat bekommt sowieso die Sondergenehmigung (zumeist sogar kostenlos).

So, das nur mal so zum Nachdenken…

Euer Mausebär

2 Kommentare

  • Hallo Mausebär,

    komme gerade nach Hause und lese deine Zeilen und bin ganz bei Dir ✊️
    Soziales Denken, Gedanken für das was Allen nutzt werden weniger.
    Aber das kenne ich schon von klein auf.
    Wirtschaftliches Denken wird schon bei der Auswahl der Freunde mit einbezogen
    Sorry, aber was bringt mich weiter in meinen Kontakten und was nicht.
    Ich könnte manchmal so brechen was so im Alltag gelebt wird.
    Aber es liegt an mir, was ich daraus mache, welchen Weg ich gehe und das trennt mich dann von denen, die mit dem Strom schwimmen aber so ist das dann. Kann ich gut mit leben.

    ☺️

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    • Es ist ein gutes Gefühl zu den Ausnahmen zu gehören und davon einige im Familien- und Bekanntenkreis zu habe. Das macht das Leben lebenswerter

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