Der Tod schläft in grünen Tüchern – Teil II

Der Mausebär (td) hofft, dass seine Leser, aber insbesondere jene Personen, deren Ähnlichkeit mit Protagonisten der folgenden Geschichte völlig zufällig ist (ganz Bestimmt), genauso viel Spaß beim Lesen dieser Krimi-Groteske haben, wie der Mausebär beim Schreiben hatte.

Donnerstag Morgen, 00:22.
Noch immer hörte ich die letzten Worte von Oberkommissar Spaltenstürmer, bevor Griselda und ich die Wohnung betraten.
Wer hätte diese lyrisch kraftvollen und doch so aufrichtigen Worte auch je wieder vergessen können?
In feurigen Flammen werden sie stets in meine Herzen eingebrannt sein.
Es heißt, jeden Menschen küsst einmal im Leben wahre Inspiration – Ich hatte Oberkommissar Erwin Spaltenstürmers Moment miterlebt.

Davon abgesehen, hatten sich die Ermittlungen, seit dem ersten Besuch in dieser Lasterhöhle von einer Wohnung, beständig weiter bewegt.
Mit einem tiefen Seufzen schaute ich über das Sammelsurium von Tatortbildern auf meinem Schreibtisch. Egon Hammelbeck, einer meiner Assistenten, hatte eine große Pinnwand besorgt, an welcher diverse Bilder, Notizzettel und Ähnliches angeheftet und mit Edding-Zeichnungen und Bindfäden an Reißzwecken wild zu einem Zufallsmuster verstrickt wurden.
Wahrscheinlich hätte ich bei der Fortbildung weniger schlafen und vor allem weniger saufen sollen.
Egal, wie ich den Fall betrachtete, es machte keinen Sinn.

Während mein Blick abwechselnd zwischen Schreibtisch und Pinnwand pendelte, stellten sich mir zwei Fragen:
„Wieso war es zu dieser abscheulichen Tat gekommen?“
und
„Wieso trug Hauptkommissar Aikido Tanaka schon wieder eine von diesen seltsamen Schulmädchenuniformen?“
Lächelnd stellte sie die Kaffeetassen mit heißen Kaffee auf meinen Schreibtisch.
Kommissar Friedrich von Prengelsbüttel, der sie begleitete, stellte sich diese Frage natürlich nicht. Als Schäferhund war ihm menschliche Bekleidung sowieso recht egal.

Wieder einmal gelang es der Kollegin, schwungvoll einige Unterlagen vom Schreibtisch zu fegen. Trotz ihrer beeindruckenden Talente als zivile Ermittlerin und als Einzelkämpferin, war Büroarbeit ihre Achillesferse und mein komplexes Schreibtisch-Biotop ihre natürliche Nemesis.
Trotz allem lächelte sie ihr niedliches kleines Lächeln, während sie sich bückte, um die Unterlagen wieder aufzusammeln.
Sofort nutzte ich die Gunst der Stunde, um unter ihr kurzes Röckchen zu blicken. Mein Blick wurde nicht enttäuscht und innerlich jubelte ich. Ein rosafarbener „Hello Kitty“-Tanga.
Ich war begeistert, das war mein Bingo. Heute würde Hammelbeck meine Kantinenrechnung übernehmen.
Ihr hübsches Gesicht tauchte wieder über meinem Schreibtisch auf. „Die Unterlagen aus der Pathologie sind da. Und den Bericht von der KTU habe ich auch gleich abgeholt.“ Ich nickte ihr anerkennend, aber mit väterlicher Strenge, zu.
Ich wusste, dass diese Art des Verhaltens sie erregte, aber trotz meiner Flugangst mochte ich sie.
Zart rosig leuchteten ihre pfirsichfarbenen Wangen, als sie versuchte, ihre erotische Aufregung zu verbergen.
Doch verantwortungsbewusst musste ich sie, als ihr Vorgesetzter, warnen, dass diese Erzählung jugendfrei bleiben musste.

Während ich in den Unterlagen blätterte und Kommissar von Prengelsbüttel sein Dienstkörbchen aufsuchte, gab sie mir eine kurze Zusammenfassung.

Der Tod ist tatsächlich durch Ersticken verursacht worden. Aufgrund von Abwehrverletzungen ist eine autoerotische Asphyxie auszuschließen. Es handelte sich eindeutig um fünf erwachsene Tiere, von denen vier Weibchen waren. Das Männchen wurde zuletzt eingeführt, aber kurz vorher auf laienhafte Weise kastriert. Vermutlich war da das menschliche Opfer bereits tot. Der Arzt vermutete, dass der Tod zwischen dem zweiten und dritten Hamster eintrat und die beiden letzten Hamster definitiv postmortem inhaliert wurden. Eine kurze, aber gründliche Untersuchung ergab, dass Herr D. nicht unter einer Kleintierallergie litt, also ist ein anaphylaktischer Schock auszuschließen. Vor seinem Tod hat Herr D. noch eine Pizza Funghi gegessen, wie die Untersuchung des Mageninhaltes ergab. Laut dem Pizzaboten, der diese lieferte, war Herr D. alleine in seiner Wohnung, als er die Pizza in Empfang nahm. Er wirkte genauso wie auch sonst, wusste der Lieferant, da Herr D. wohl Stammgast in seiner Pizzeria war.
Ich blätterte kurz durch den Bericht.

Eindeutig war das Essen zwei Stunden vor seinem Tod geliefert worden. Laut Lieferschein war das gegen 20:30 Uhr. Laut Obduktion war sein Tod zwischen 22:30 und 23:00 Uhr eingetreten. Was war in der Zeit zwischen Pizza und Hamstern passiert?
Eine Antwort auf diese Frage zu finden, war essentiell, da Herr D., besser bekannt unter seinem Pseudonym „Mausebär“, ein umstrittener Autor und Blogger war.
Es gab viele enervierte Moralapostel, die den Tod dieses selbsternannten Philosophen begrüßten und doch forderte das Feuilleton die nahtlose Aufklärung der Schändung ihres entarteten Lieblings.
Ich konnte mir nie erklären, was die Leute in den Texten dieses Wahnsinnigen sahen. Voll mit Provokationen und Sauereien, versuchte er angeblich die verkrustete Gesellschaft wachzurütteln.

Nach dem erzwungenen Lesen seiner letzten Blogbeiträge war mir klar, dass dieser selbsternannte Guru und Menschenfreund ein weinerliches hedonistisches Arschloch ohne Bezug zur Realität war. Er behauptete, die menschlichen Abgründe zu kennen und hätte dennoch keine drei Stunden in meiner Dienststelle ausgehalten.
Aber wer hätte Grund, ihn mit Hamstern zu ermorden?
Klar war, die Tiere waren nicht seine. Es gab keine Spuren von Kleintierhaltung in seiner gammeligen Mietwohnung.

Und warum fünf Hamster?
Und war das Geschlecht zufällig?
Wie ging nochmal das Hamsterlied, das wir früher im Schießsportverein am bunten Abend immer gesungen hatten?

Ja, es fiel mir wieder ein. Ich summte es vor mich hin (Kostprobe). Ich brauchte mehr Anhaltspunkte.

Donnerstag Nachmittag, 17:42.
Es war ein langer Tag. Aber die Ermittlungen hatten sich gelohnt.
Mittlerweile hatten sich vier Verdächtige herauskristallisiert, die sowohl ein Motiv, als auch die Möglichkeit gehabt hätten.

Die Nummer eins der Verdächtigen war für mich der undurchsichtige Dr. Alexander K., der laut Zeugen ein langes und wohl auch sexuell sehr intensives Verhältnis zu Herrn D. hatte.
Laut mehrerer Informanten hatten die beiden langhaarigen Bartträger bereits lange Zeit an einem gemeinsamen subversiven Netzwerk gearbeitet. Dabei hatte Herr D. ungeniert von Dr. K.s wissenschaftlichen Expertisen profitiert und seine sexuelle Unerfahrenheit benutzt, um ihn in die Abgründe diverser Perversionen zu ziehen.
Nachdem ihn Dr. K. monatelang in seinem schriftstellerischen Bemühen unterstützt und unter dem Pseudonym „Schmusehamster“ geholfen hatte, eine immer größer werdende Gemeinde von Anhängern um sich zu scharen, hatte sich Herr D. nur um seine eigene Karriere bemüht.
Und mit dem zweifelhaften Ruhm kamen die üblichen Probleme. Sex, Drogen und Ruhm entzweiten die beiden Verbal-Guerillas und während Dr. K. bemüht war, den inneren Kreis ihrer subversiven Gruppierung mit etwas, das er als „Graswurzelarbeit“ bezeichnete, zusammenzuhalten, stieg Herr D. wie ein Komet in der alternativen Literaturszene auf.
Die letzte offizielle Begegnung der Beiden war an dem Tag, als Herrn D. seine langersehnte Ehrendoktorwürde in dem Bereich der von ihm begründeten Psycho-Proktologie verliehen wurde.
Gut unterrichtete Kreise munkelten, dass die eigentliche und vor allem die wissenschaftliche Arbeit größtenteils das Werk von Dr. K. war. In wie weit Dr. K. mit den späteren Plagiatsvorwürfen, die das schnelle Ende sowohl der politischen, als auch der akademischen Karriere von Herrn D. bedeuteten, in Zusammenhang stand, war maximal eine Vermutung. Zumindest wussten „Insider“, dass sich die beiden Verbalterroristen einen schmutzigen Blog-Krieg lieferten, den Herr. D, aufgrund seines ruchlosen Schreibstils dominierte.
Eindeutig ein Hauptverdächtiger.

Obwohl Dr. K. sämtliche Beteiligung am Ableben von Herrn D. leugnete, blieben Restzweifel.
Sein Argument, dass er niemals seinem Nagetier etwas so schreckliches antun könnte, stand im krassen Gegensatz zu seiner Vergangenheit als Biochemiker, wo er, unter anderem, an Tierversuchen beteiligt war. Er wusste also genau um die Beschaffung, Vorbereitung und tödliche Anwendung von Kleinnagern Bescheid.
Auch sein Alibi für den Tatabend war sehr dürftig. Angeblich hatte er den Abend in Gesellschaft eines anderen Mitgliedes der ehemaligen Sekte um die charismatischen Langhaarfetischisten verbracht – natürlich in dessen Privaträumen.
Angeblich hatten sie lange diskutiert und die Zeit vergessen.

Fest steht allerdings, dass Udo K. genauso ein Hauptverdächtiger war, wie Dr. K., denn auch er hatte genug Grund, dass Ableben von Herrn D. herbeizusehnen.
Im Gegensatz zu Dr. K. wurde Herr K. schon des öfteren, wegen Todesdrohungen, Beleidigungen und Belästigungen gegen Herrn D. aktenkundig.
Es schien ganz so, als könnte Herr K. die gemeinsame Vergangenheit innerhalb der Sektenstrukturen der ominösen „Phönix“-Vereinigung nicht verarbeiten.

Die sogenannte „Phönixgruppe“ war wohl eine Verschwörergruppe in der Anfangszeit von Herrn D.s unrühmlicher Karriere und Herr K. war unter dem Decknamen „Gandalf“ eines der Gründungsmitglieder der subversiven Keimzelle.
Herr K. gehörte dabei stets zum „inneren Kern“ und war eines der planenden Organe, die sich um Herrn D. gruppierten.
Es war allzu offensichtlich, dass er den Erfolg von Herrn D. als Verrat an der Bewegung sah.
Ein Grund, ihn zu töten, aber auf so besondere Weise?

Und dann waren da noch die beiden weiblichen Verdächtigen.

Mit einem Seufzen traf ich eine Entscheidung, deren Tragweite mir zu dem Zeitpunkt noch nicht bewusst war.

Fortsetzung folgt…

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