Zufällige Beitragung der mausbärischen Art

Heute kommt der Mausebär (td) ganz zufällig auf die Idee, einen Beitrag über den Zufall zu schreiben.

Eben habe ich einen Kriminalfilm gesehen. Darin fiel der schon oft gehörte Satz: „Glauben Sie an Zufälle?“. Ein Grund für mich, diese Frage durch mein eigenes Hirn rieseln zu lassen.

Glaube ich an Zufälle?

Die Frage hat mich einige Minuten beschäftigt und ergab bei mir ein zentrales Problem, denn ein Teil meines inneren Teams, nämlich die logisch-analytische Fraktion, verneinte die Existenz von Zufall ganz stringent.
Währenddessen suchte meine kreative Seite, in der Hoffnung, das Leben hätte eine bunte und unerwartete Seite, händeringend nach einem Gegenargument.
Plötzlich kam mein innerer Klugscheißer angesprungen und rief lauthals das Wort „Indeterminismus“. Plötzlich war alles ruhig.
Dieses eine Wort veränderte plötzlich einiges in meiner inneren Fachtagung zum Thema.
Doch was bedeutet dieses mysteriöse Wort?
Bevor ich den Determinismus und somit auch den Indeterminismus erkläre, sollte ich aber zuerst mit einer Definition des Wortes „Zufall“ beginnen.

Wie entstand der Zufall ?

Zumindest sprachwissenschaftlich können wir das Wort „Zufall“ ziemlich konkretisieren. Der Zufall leitet sich, vielleicht ganz zufällig, von dem mittelhochdeutschem Wort „zuoval“, dessen eigentliche Bedeutung „Anfall“ war, ab. Obwohl das Wort erst im 17. Jahrhundert in den allgemeinen Sprachgebrauch überging, wurde es bereits im 14. Jahrhundert von den mittelalterlichen Mystikern, einer philosophischen Strömung der Zeit, verwendet.
Zum Beispiel findet man es in den Schriften von Meister Eckhart, einem Mönch und bekannten Theologen, der sich mit der Philosophie der Mystik beschäftigte.
Man vermutet die eigentlichen Wurzeln des Wortes im Lateinischen, von dem der Zufall, als Lehnübersetzung (von angelehnt an dieses Wort) des Wortes „accidens“, entstand – von dem übrigens auch das englische Wort für Unfall, nämlich „accident“ abgeleitet ist.

Spannend, dass Zufall, Unfall und Anfall aus der selben Wortgruppe zu stammen scheinen.
Allerdings nicht mehr ganz so mysteriös, wenn man sich die Gemeinsamkeit der drei Worte vor das innere Auge führt.
Alle drei Begriffe bezeichnen eine mehr oder weniger unkontrollierbare Situation. Etwas, das aus dem Wissensstand im Moment der Situation nicht absehbar war und dessen Kausalität zumeist erst später festgestellt werden kann. Kausalität heißt nicht nur in diesem Zusammenhang genau das, nämlich Zusammenhang.

Wir sind beim Zufall also in der Frage ob, und wenn ja, welcher Zusammenhang zwischen mehreren Ereignissen besteht, oder aus welchem Grund etwas geschieht. Das zeigt sich deutlich in den vier Formen des Zufalles, wie sie von Philosophen und Wissenschaftlern definiert sind:

  • Es geschieht etwas, ohne das es einen objektiven Ursache gibt (das ist der Indeterminismus, aber dazu später)
  • Es geschieht etwas, ohne dass wir den Ursache dafür erkennen können (obwohl wir einen Grund vermuten)
  • Es geschieht etwas, dessen genaue Grundlage wir mit unseren jetzigen Möglichkeiten nicht genau vorherbestimmen können (z.B. Glücksspiel)
  • Es geschehen zwei Dinge, die einem unbekannten Zusammenhang zueinander stehen

Um das Ganze in das richtige Bild zu rücken, brauchen wir erst mal die naturwissenschaftliche Regel, dass alles was passiert einen Grund hat – das wird durch das Gesetz von Ursache und Wirkung so definiert.

Ursache und Wirkung

Wenn etwas passiert (Aktion), erfolgt eine daraus folgende Handlung (Reaktion).
Bei einer Kettenreaktion wird dann die Reaktion zur nächsten Aktion, die wiederum eine Reaktion auslöst.
Im Prinzip sollte alles, was existiert, daher letztendlich auf eine initiale Aktion zurückzuführen sein.

Es gibt sowohl lineare Kettenreaktionen, wie z.B. eine Kette von Dominosteinen, die, sobald einer angestoßen wird, in sich zusammenfällt, als auch sich ausbreitende Kettenreaktionen, wie z.B. Die Zellteilung, bei der sich die Anzahl der Zellen bei jeder Teilung verdoppelt und so aus einer einzigen Zelle ein gesamtes Lebewesen entstehen kann.

Das heißt wiederum, das alles, was passiert, eine Ursache hat. So kann man sagen, dass alles, was geschieht und dessen Ursache wir nicht kennen, eigentlich nur darauf hinleitet, dass wir den Zusammenhang (noch) nicht erkannt haben.

Glauben wir jetzt, dass alles, was passiert, dem Prinzip von Ursache und Wirkung folgt, schließen wir daraus messerscharf, dass es keinen Zufall geben kann, da alles die Folge einer gigantischen Kettenreaktion namens Leben ist.
Das betrifft vor allem die letzten drei Aussagen von oben, dass etwas ohne Ursache passiert, wir aber einen Grund vermuten, oder das wir nicht die Möglichkeit haben, diesen exakt zu bestimmen.

Der Unterschied zwischen diesen Definitionen vom Zufall ist, dass ich bei der ersten Variante tatsächlich nicht genügend Informationen habe und somit erst mal weitere Informationen zu dem Ereignis sammeln muss, um die bestehenden Zusammenhänge verstehen zu können.

Die zweite Variante bedeutet, dass ich die Kette von Aktion und Reaktion durchaus nachvollziehen kann, aber es keine gangbare Möglichkeit gibt, diese Wirkung vorherzubestimmen.
Das ist z.B. der Fall bei Situationen, in denen mehrere Ereignisse mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit eintreten können. Wenn ich einen normalen Würfel werfe, bekomme ich ein Ergebnis von Eins bis Sechs, aber ohne den Würfelwurf zu manipulieren, ist es schwer, oder nahezu unmöglich, zu berechnen, welche Zahl kommen wird.
Natürlich gibt es Wahrscheinlichkeitsberechnungen, aber diese können halt nur eine annähernde Antwort liefern, also wie wahrscheinlich es wäre, dass ich eine bestimmte Zahl erreiche.
Sollte es jemand jemals schaffen, eine perfekte Formel zur Wahrscheinlichkeitsrechnung zu entwickeln, bekäme er nicht nur den Nobelpreis, sondern auch Zutrittsverbot für das gesamte Stadtgebiet von Las Vegas.

Auch die zwei Dinge im unbekanntem Zusammenhang gehören mit zu dieser Kategorie, da hier ja auch einfach noch nicht geklärt ist, in welchem Zusammenhang die beiden Dinge zueinander stehen.
Wenn wir das gesamte Universum als eine riesige Kettenreaktion sehen, dann können wir auch den Zusammenhang zwischen der Frisur des amerikanischen Präsidenten und der weltweiten Coronakrise bestimmen, denn auf irgendeiner Linie von Reaktionen und Aktionen ist beides verflochten.

Was ist dann jetzt mit Determinismus?

Die Idee, dass alles miteinander verflochten ist und somit der Zufall nur eine noch nicht erkannte Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ist nennt man Determinismus.
Der Determinismus behauptet somit, wenn alle vergangenen Reaktionen auf die ursprüngliche Aktion zurückgeführt werden können, ist es somit möglich zu berechnen, was als nächstes passieren wird.
Das hat im Prinzip ein riesiges Problem in sich, nämlich, dass wir somit davon ausgehen können, dass alles, was geschieht, aus einer Kette vorheriger Ereignisse heraus bestimmt ist.
Somit wären alle Menschen an diese Ereignisse gebunden und das ganze Leben wäre vorherbestimmt. Der freie Wille würde also nicht existieren, weil sämtliche Formen von Willen ja nur Reaktionen auf vorherige Aktionen sind.

In Religiösem Kontext nennt man das dann Schicksal, Karma oder Kismet.
Und da wundert sich so manch einer, dass ich die Wissenschaft als eine Art Religion bezeichne.

Und was ist dann Indeterminismus?

Es gibt auch die Wissenschaftsphilosophen, die davon ausgehen, dass es Dinge gibt, die ohne Grund passieren, also nicht berechenbar sind.
Das sind dann die Indeterministen.
Diese unvorherbestimmten Ereignisse finden übrigens angeblich auf Quantenebene statt und sind eine hitzige Debatte zwischen Quantenphysikern, deren endgültige Antwort noch auf sich warten lässt.

Gibt es also Zufall oder nicht?

Das Gehirn des Menschen arbeitet so, dass wir versuchen, in allen Dingen Muster zu erkennen.
Was uns früher beim Überleben geholfen hat, ist mittlerweile ein Problem geworden.
In unserer Welt voller Überflutung unserer gesamten Sinne ist es schwierig, diese Muster, die unser Gehirn anzeigt, um uns vor der Reizüberflutung zu schützen, in einen passenden Kontext zu rücken.
Das legt nahe, das wir tendenziell an keinen Zufall glauben möchten, weil es unsere mentale Balance beeinflusst.
Mit dem Gefühl, den Zusammenhang zu erkennen, erreichen wir ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit und fühlen uns in einer zunehmend informationsreicheren Umgebung sicher.

Egal ob wir an Zufälle oder Wunder glauben, oder in allem den Zusammenhang zu etwas Großem sehen, sind wir (noch) nicht in der Lage, diese Entscheidung objektiv zu treffen.
Die Frage nach dem Zufall bleibt also wieder mal Geschmackssache…

Euer, zufällig jetzt fertiger Mausebär (td)

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