40 Tage in der Corona-Wüste

Vierzig Tage nach unserer ersten Veröffentlichung im Zuge der frisch verkündeten Kontakteinschränkung am 17.03.2020 ziehen Alex, Sonja und Thorsten Bilanz.

Klassisch gesehen, haben wir also eine Quarantäne im ursprünglichen Wortsinn (lat. quadraginta =40) hinter uns.
Die Verordnung einer vierzigtägigen Isolation ist schon seit der Entstehung des Talmuds und der Bibel bekannt. Selbst gewählt, der inneren Reinigung dienend, oder von behördlicher Seite angeordnet, wie zu Zeiten der Pest in Italien unter dem Namen „quaranta giorni“ (vierzig Tage). Der entsprechende Wikipedia Artikel ist bezüglich Etymologie und Geschichte ein lesenswerter Text.

Was hat es jedoch für uns bedeutet?
In den letzen 40 Tagen haben wir uns täglich über einen Video Chat gesehen, unsere Gedanken ausgetauscht und immer häufiger Beiträge geschrieben und diese gemeinsam redaktionell bearbeitet. Teilweise zeitlich gesehen länger, als es gut für uns war. Hier ziehen wir also ein wenig Bilanz und wagen einen vorsichtigen Blick in die Zukunft.

Die Statistik

Die nackten Zahlen unseres Blogs: 47 von 52 Beiträgen sind seit dem 17.03.2020 veröffentlicht worden, davon hat Thorsten mit 35 Beiträgen den Löwenanteil (oder Mausebärenanteil?) geschrieben.

Die urspüngliche Zielsetzung: Selbsthilfe im Ausnahmezustand

Zu Anfang wollten wir informieren, Mut machen und Alternativen vorstellen, wie Selbsthilfe auch in Zeiten einer Kontaktsperre aufrecht erhalten werden kann. Die ersten Beiträge stellten kostenfreie Kommunikationsformen vor, die es Selbsthilfegruppen ermöglichen können, ihre Gruppentreffen per Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen. Auch über die Erfahrungen unserer Gruppen mit diesen neuartigen Eindrücken haben wir geschrieben. Ein Gastbeitrag wurde, statt wie üblich in der Speaker’s Corner, mit der Kategorie „Soziale Interaktion im Ausnahmezustand“ eingestellt, weil uns die Freizeitbeschäftigung ebenso wichtige Erfahrungen vermittelt.

Mausebärs Philosophien

Die erste „persönliche“ Kategorie entstand, als ein bestimmter Herr undefinierbaren Alters beschloss, sich der Krise mit einem täglichen Text zu stellen.
Schon bald war daraus die Kategorie „Mausebärs Philosphien“ entstanden, die sich still und heimlich zu einer Art Blog ausweitete. Man könnte schon fast sagen, zu einer Kolumne, wenn man so hoch greifen will.
Täglich sch(m)eißt der langhaarige Verbalterrorist der Redaktion (und auch etwas abgemildert danach der Welt) seine Gedanken vor die Füße.
Wer wäre also besser prädestiniert, darüber etwas zu sagen, als der Mann selbst?

40 Tage sind schon ein beachtlicher Weg.
Für mich persönlich, vor allem ein besonderer Weg.
Dieser Weg war bis jetzt begleitet von vielen neuen Erfahrungen.
Ich habe angefangen, meine Gedanken zu publizieren und unter der Rubrik „Mausebärs Philosophien“ hier ein Zuhause gefunden.
Ich habe die erste Vollkontakt-Kommunikationslehre entwickelt und trainiere regelmäßig hier in meinem MbKl-Dojo mit meinen Lieblingsmenschen.
40 Tage voller neuer Wege, mich selbst und auch meine Nächsten neu wahrzunehmen.
Eine neue Form der Ehrlichkeit – mein Schwanken der Gefühle kann jeder regelmäßige Leser feststellen.
Genauso die schwankende Qualität, obwohl das wohl eher eine Geschmacksfrage ist. Noch nie habe ich 40 Tage am Stück so eng in einem Team gearbeitet, wie ich es diesmal mit Sonja und Alex genießen durfte und hoffentlich weiter darf.
Trotz der digitalen Grenze fühle ich mich Menschen nah. Näher als sonst, da es wohl doch einfacher ist, über digitale Kanäle zu kommunizieren. Ich kommuniziere häufiger und gründlicher als sonst.
In der Psychoedukation habe ich mal gelernt, dass manche an Depression erkrankte Menschen die Sonne brauchen, um nicht in depressive Episoden zu verfallen. Scheinbar hellen die Strahlen der Sonne, direkt genossen, das Gemüt auf. Das habe ich erst verstanden, als ich in den letzten Tagen merkte, wie stark die kleinen Lichtblitze, die durch die Glasfaserkabel zu meinem Hausanschluss flitzen, ein Lächeln in meine Seele zaubern.
Heute schreibt der große Mausebär nur diesen kleinen Text.
Heute feiern wir den langen Marsch durch 40 Tage Coronakrise mit einer kleinen Rast.
Ich hoffe, dass die Krise nicht noch 40 Jahre dauert wie der Wüstentrip eines bestimmten Volkes im bekanntesten Buch aller Zeiten (nein, keines der Harry Potter Bücher), obwohl ich das auch überleben würde. Ich hoffe, auch kein höheres Wesen mit Alleinstellungskomplex fordert Anbetung im Austausch für Klopapier und Nudeln.
40 Tage Reise haben uns weitergeführt und wir haben neue Wege beschritten.
Ich freue mich, diesen Weg weiter zu erkunden.
Auf in den Sonntag, auf in unser verdientes Wochenende und morgen lest ihr mehr vom Mausebär.

Thorsten Dürholt , Autor von „Mausebärs Philosophien“

Schatzkiste

Angeregt durch den Beitrag „Ferdinand, der Lenz ist da!“ von Alex, ist uns eine neue, wichtige Kategorie „zugeflogen“. Er hat ein Element eingesetzt, das für uns alle drei in individueller Form wichtig ist. Wir freuen uns auf viele weitere Schatzkisten Beiträge.

Aspergers Nähkästchen

Eher zufällig entstand eine Kategorie, die Alex im wahresten Sinne „auf den Leib geschneidert“ ist. Hier ist ein Raum, besondere Aspekte der Besonderheit „Asperger“ zu schildern, zu beleuchten, und vielleicht uns anderen, mit alltagskompatiblen „Ottonormal-Betriebssystem“ versehenen, Menschen ansatzweise begreiflich zu machen. Er wird es zumindest versuchen, liebevoll unterstützt von Thorsten und Sonja.

Ausblick

Was auch immer in den nächsten 40 Tagen geschehen wird, mit jedem unserer Beiträge veröffentlichen wir nicht nur persönliche Eindrücke unserer jeweiligen Gedankenwelt, sondern hoffen vor allem darauf, dass die Texte anderen Menschen helfen, sich selbst wiederzuerkennen.

Humor, Satire, Ironie und in gewisser Weise auch Selbstdarstellung sind kein Selbstzweck, sondern Brücken zwischen Menschen. Wir liefern eigentlich nur ein wenig Baumaterial, oder?

Lacht mit uns, weint mit uns, fühlt mit uns – dann fühlt Ihr auch Euch selbst.

In diesem Sinne, einen schönen Sonntag wünschen
Alex, Sonja und Thorsten,
das Team der Erfahrungsexperten am Niederrhein

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