Vatertag

Der Mausebär (td) lässt anlässlich des heutigen Tages seinen Gedanken zum Thema Vaterschaft freien Lauf.

Da ich ja mit der Heimfahrt eines gewissen Herren aus dem Nahen Osten (oder dem mittleren Osten, wie unsere amerikanischen Freunde sagen), eher wenig zu tun habe, kann ich mich, anlässlich des heutigen Feiertages, mit etwas völlig anderem beschäftigen.

Ich spreche von der jährlichen Sauf-Eskalation, die, als Pendant zum lieblichen „Muttertag“, als „Vatertag“ in die Annalen der menschheitsgeschichtlichen Abgründe eingeht.

Tatsächlich will ich mich aber nicht über die Rituale dieses, von mir so bezeichneten, „Männertages“ auslassen, denn nicht jeder der mitsäuft, hat schon seiner entsprechenden Zeugungspflicht genüge getan. Sondern ich möchte die Gunst der Stunde, bzw. des Tages, nutzen, um mir über das Konzept der Vaterschaft Gedanken zu machen.

Das Thema Vaterschaft ist für mich seit jeher ein Reizthema.
Das liegt vor allem daran, dass ich weder aktiv noch passiv davon Ahnung habe.
Genauer gesagt, bin ich weder ein Vater, noch hatte ich jemals einen.
Das stimmt, biologisch betrachtet, natürlich nicht. Ich hatte eindeutig einen Erzeuger und dieser hat auch die ersten 1-2 Jahre meines Lebens scheinbar eine Rolle gespielt, nur habe ich daran keine bewusste Erinnerung.
Was ich von meinem Vater habe, sind eine Handvoll alter Bilder und eine Todesanzeige, was mir deutlich klar macht, dass ich die Person, die mit ihrem Samen zu meiner Entstehung beigetragen hat, niemals persönlich kennen lernen werde.
Das macht, für mich natürlich, auch die Frage unnütz, ob ich das überhaupt wollen würde.

Es ist ein Fakt, dass, zumindest soweit ich weiß, meine Mutter erst wieder eine feste Beziehung zu einem Mann hatte, als ich schon volljährig war.
Tatsächlich erinnere ich mich daran, dass sie fragte, ob es in Ordnung wäre, wenn ihr neuer Lebensgefährte als Gast zu meiner Hochzeit kommen dürfe, da er und ich uns ja noch nicht lange kannten. Natürlich durfte er.
Es war eine gute Entscheidung, da dieser Mann meine Mutter sehr glücklich gemacht hat und dieses sogar nach seinem Tod, durch sein geistiges Erbe, weiterhin tut.
Als Stiefvater habe ich ihn aber trotzdem nicht wirklich wahrgenommen. Ich war zu seinen Lebzeiten in so vielen anderen Konflikten, dass ich mir darüber keine Gedanken gemacht habe. Bevor sich dies ändern konnte, war seine Lebenszeit um.

Manchmal denke ich, dass es schwierig ist, mich auf dem Weg der Veränderung zu begleiten, denn jeweils in den signifikanten Zeiten des Umbruchs starben in meiner Gegenwart wichtige Menschen oder erlitten andere Schäden, wie zum Beispiel meine Frau ihren Schlaganfall.
Ich möchte das jetzt nicht zu einem Fluch hochstilisieren, aber es ist nun mal ein seltsamer Fakt, dass mein persönlicher Fortschritt immer unschuldige Opfer aus meiner nächsten Umgebung fordert.
Wäre eine prima Ausrede, mich nicht mehr zu entwickeln, gilt aber wahrscheinlich nicht, also Pech gehabt und zurück zum Thema.

Also, fest steht, dass ich von Vaterschaft soviel verstehe wie eine Kuh von Astrophysik.
Der ein oder andere weiß natürlich, dass ich gelernter Erzieher bin und damit zumindest etwas von Kindererziehung verstehen sollte, aber das ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
Weder konnte mir die Ausbildung das Gefühl vermitteln, das ein Vater für seinen Sohn empfindet, oder ein Sohn gegenüber seinem Vater, noch mich darin ausbilden, ein Vater zu sein.

Wenn mir gute Freunde, die selbst Kinder gezeugt und auch aufgezogen haben, klar machen wollen, dass ich dieses Gefühl nicht verstehen kann, dann rennen sie bei mir offene Türen ein.
Klar habe ich Vorstellungen davon, aber das sind halt nur Vorstellungen.

Ein paar Sachen, die mir klar sind, bestehen aus dem Wissen, dass es mehr braucht, als seinen Samen zur Eizelle der Mutter zu transportieren, um ein Vater zu sein. Eigentlich weiß ich es nicht, aber ich habe da eine sehr feste Vermutung.
Es geht um eine Beziehung, ähnlich der Beziehung zur Mutter, aber doch ganz anders, glaube ich.
Wie gesagt, ich spreche nur aus Beobachtung, nicht aus Erfahrung.

Ich bin froh, kein Vater zu sein, jedenfalls soweit ich weiß. Nicht, weil mich der Gedanke stört, denn das tut er nicht.
Manchmal frage ich mich sogar, ob ich etwas verpasse, aber es ist eine Tatsache für mich, dass ich dazu nicht geeignet wäre.
Mir fehlt, mangels eines Vorbilds, eine Vorstellung davon, was meine Aufgaben und Pflichten sein könnten – keine Ahnung, was ein Vater so macht.
Außerdem ist die Anfangszeit extrem schwierig, denn ich bezweifle ganz ausdrücklich, dass ich mit der Problematik von Windelwechsel und anderen fiesen Details, die mit Kleinkindern verbunden sind, zurecht kommen würde.
Angeblich helfen die natürlichen Instinkte darüber hinweg, aber ich fürchte, bei mir würde das nicht funktionieren.
Ich finde ja noch nicht mal Babys niedlich.

Das einzige Mal, dass ich so ein kleines Leben auf dem Arm hatte, war scheinbar für das Kind eine genauso schlimme Erfahrung wie für mich.
Ja, eine mir bekannte Mutter hatte mir ihren Säugling in den Arm gedrückt, aus welchem fieberhaften Wahn auch immer. Ich kam mir extrem seltsam vor und war wesentlich unprofessioneller als alle anderen anwesenden Herren der Schöpfung.
Und das mir, als ausgebildetem Profi!

Niemals habe ich einen Hehl daraus gemacht, dass meine profunden Fähigkeiten in der Erziehung bei aufkommender Pubertät meiner Opfer, sprich Schutzbefohlenen, liegt.
Mit den sogenannten „Pubertieren“ komme ich bestens klar, da schlägt mein erzieherisches Herz und meine Kompetenz, aber die frühkindliche Entwicklung ist mir ein Graus.
Meine praktische Zeit im Kindergarten, also die „vier Monate des Grauens“, haben mich davon überzeugt, dass dieses Arbeitsfeld, im gegenseitigen Einverständnis, seine Tore dauerhaft vor mir verschließt.
Wenn ich nicht einmal professionell mit Kleinkindern umgehen kann, wie soll ich das erst 24 Stunden am Tag aushalten?
Am Ende würde ich mir, nur aus Fluchtgründen, eine Arbeitsstelle suchen, egal was, nur nicht zu Hause sein.
Davon, dass ich ein schlechtes Vorbild bin und meine Lebensführung in keinster Weise als jugendfrei einzustufen ist, will ich nicht einmal reden.

Daher gönne ich den heutigen Tag ganz besonders jenen edlen Recken, die uns Männern alle Ehre machen und hervorragende Väter sind. Gönnt Euch heute etwas, bevor ihr wieder die Zukunft unserer Welt vorbereitet.
Sowohl meine Anerkennung, als auch mein Dank ist Euch sicher – und vielleicht spielt auch ein wenig Neid mit ‚rein.

Einen schönen Feiertag genießt heute auch der Mausebär (td)

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