Wahrheit, Glaube und die Sache mit dem Blickpunkt
„Nehmen sie bitte ihre Wahrheit aus meinem Auge, das liegt mir nicht“
Heute enthüllt der Mausebär (td) in einer kleinen Apokalypse (altgriechisch für „Blick hinter den Vorhang“) bereits bekannte Wahrheiten, die eigentlich nur Glauben sind.
Der heutige Beitrag wird mal wieder etwas philosophischer, denn es wird mal wieder Zeit, dass der Mausebär dem Titel seiner Rubrik gerecht wird. Also versuche ich es heute mit ein wenig verschwurbelter Gehirnakobatik.
Wird ja auch Zeit, dass ich mal wieder mein inneres Yoga auspacke und meine kleinen grauen Zellen ein wenig dehne.
Aus vielfachen Gründen beschäftigt sich mein Kopf mit dem Thema „Recht haben und Recht bekommen“.
Zu guter Letzt lande ich immer wieder bei dem Kampfbegriff „Wahrheit“. Ein tief philosophisches Motiv, dem sich schon die großen Denker der Antike verschrieben hatten.
Neben den Grundfragen…
Wer bin ich?
Wo komme ich her?
Wo gehe ich hin?
Wie bekomme ich das hübsche Mädchen da vorne in mein Bett?
Und welcher Lieferdienst liefert um diese Uhrzeit?
… gab es schon immer die Suche nach der Wahrheit, wobei die Grundfragen ja eigentlich auch zur Wahrheitsfindung beitragen, auch wenn so manche Antwort eine unbequeme Wahrheit bereithält.
Fangen wir doch mal mit der Wortherkunft an.
Der Kernpunkt des Wortes „Wahrheit“ liegt natürlich in dem Wort „Wahr“. Rein semantisch bedeutet also Wahrheit etwas, welches das Attribut „Wahr“ beinhaltet, also etwas, das „wahr“ ist.
Das Wort „wahr“ tauchte im mittelhochdeutschen Sprachgebrauch auf und leitete sich von dem althochdeutschen Wort „wār“ ab, das wiederum dem indogermanischem Wort, bzw. Wortbestandteil „wer-“ entstammt. Dieser Wortteil war ursprünglich in der Bedeutung eher dem Wort „Vertrauen“ verwandt und kennzeichnete die Glaubwürdigkeit des damit verbundenen Wortes.
Das heißt, rein sprachlich wurde zumindest in unserer Sprache aus „Vertrauen“ einfach mal „Wahrheit“.
Das würde im Umkehrschluss ja bedeuten, dass alles, auf das wir vertrauen können, auch der Wahrheit entspricht.
Da würde wahrlich so manch einer widersprechen, denn für Viele steht die Wahrheit auf anderer Position als der Glaube, der die Wurzel alles Vertrauens ist.
Ich persönlich sehe das anders.
Für mich sind Glaube und Wahrheit zwei so eng verwandte Begriffe, dass man sie fast als Synonym verwenden kann.
Das ist eine Sichtweise, die nur funktioniert, wenn man sich darauf einlassen kann, dass keiner der Begriffe ein absolutes Phänomen beschreibt.
Beim Glauben leben wir in der Hinsicht bereits (zumeist) in aufgeklärten Zeiten und wissen, dass Glaubensvorstellungen eine individuelle Angelegenheit sind. Selbst bei Mitgliedern der selben Glaubensgemeinschaft können die Vorstellungen über die Interpretation der göttlichen Tatsachen frappierend abweichen.
Leider gibt es immer noch Gegenden, in denen irgendwelche verbohrten Fanatiker das Konzept ihres Glaubens mit der Waffe zu verteidigen bereit sind und keine alternativen Glaubenssätze dulden wollen.
Bei uns ist das zum Glück ja nicht mehr so, oder?
Das bringt mich zu meiner Definition der Wahrheit, wie ich sie mir aus all den Ansätzen, die ich gelernt habe, herausgefischt habe.
Grundsätzlich liegt die „Wahrheit im Auge des Betrachters“.
Das ist nicht nur ein Glückskeksspruch , sondern eine Tatsache. Als „wahr“ kann ich nur definieren, was ich mit den eigenen Sinnen „wahrgenommen“ habe – wie schon das Wort „Wahrnehmung“ verdeutlicht.
Alles, was ich nicht durch eigene Sinne verifizieren kann (vom lateinischen Veritas, was Wahrheit bedeutet), ist also im Prinzip erst mal nur Glauben.
Wenn ich es nicht sehen, begreifen oder anderweitig wahrnehmen kann, bin ich darauf angewiesen, dem Urteil anderer zu vertrauen.
Ist dieses Urteil für mich vertrauenswürdig, dann glaube ich an die Dinge oder Umstände, die an mich herangetragen werden.
Daraus entsteht eine innere Wahrheit, die auf Vertrauen fußt und somit eigentlich eher ein Glaubenssatz ist.
Einfaches Beispiel, ich war noch nie am Nordpol, aber ich glaube, da ist es verdammt kalt. Ich weiß es nicht, weil ich diese Kälte noch nie gespürt habe, aber die Bilder, die ich gesehen habe und die Berichte, von denen ich gehört habe, klangen für mich recht glaubwürdig.
Würde mich jetzt spontan jemand zu der Entscheidung zwingen, ob die Aussage „am Nordpol ist es arschkalt“ wahr oder gelogen ist, würde ich daher auf „wahr“ tippen.
Im Prinzip würde ich das auch erwarten und daher zu einem Besuch am Nordpol nicht unbedingt kurze Hosen als Reisekleidung wählen. Trotzdem gibt es eine Restchance, dass ich mich irre und es am Nordpol lauschig warm ist.
Vielleicht sind alle diese Bilder und Berichte eine Finte einer ominösen Elite, die gerne am Nordpol ihr exklusives Feriendomizil unterhalten und nicht auf Touristen stehen.
So entstehen übrigens Verschwörungstheorien. Das Problem ist nämlich, dass jede Wahrheit angezweifelt werden kann.
Das liegt daran, dass Wahrheit auf Vertrauen begründet ist (wie ich oben ja schon erklärt habe) und mit dem Erschüttern des Vertrauens auch das „Gefühl der Wahrheit“ verloren geht.
Will ich also eine Verschwörungstheorie in die Welt setzten, brauche ich drei Stufen…
- Auf der ersten Stufe brauche ich eine beliebige Handlung, Situation oder Gegebenheit, die nicht so einfach durch die eigenen Sinne zu überprüfen ist.
- Dann brauche ich eine Begründung, warum uns eine, wie auch immer geartete Gruppe oder Person, eine Lüge über die die erste Stufe eintrichtern will.
- Dann brauche ich noch ein paar (möglichst sinnesanregende) „Beweise“, die eine alternative Wahrheit untermauern.
Da unsere Sinne auch nur in einem begrenztem Aktionsfeld arbeiten, ist das gar nicht wirklich schwer.
Jeder, der schon einmal einem „Magier“ oder „Mentalisten“ zugesehen hat, weiß, wie glaubwürdig Illusionen sein können.
Auch die Technik hilft dabei, unsere Sinne immer konkreter zu täuschen.
Bleiben wir beim Nordpol-Beispiel.
Natürlich habe ich schon Filmaufnahmen vom Nordpol gesehen, allerdings habe ich auch Filmaufnahmen vom Todesstern gesehen.
Das heißt, ich weiß genauso gut, wie es am Nordpol aussieht, wie auf dem Todesstern.
Entweder muss ich jetzt also zugestehen, dass ich bei Beiden nur glaube zu Wissen, oder halsstarrig darauf beharren, dass Beides der reinen Wahrheit entspricht.
Zweierlei Maß kann in dem Fall nicht zur Wahrheit führen.
Kurz und gut, wir sind leicht zu betrügen und schnell in ein Gefühl der Wahrheit zu locken.
Ist das jetzt ein Grund für Misstrauen gegenüber allem und jedem?
Ich entscheide mich für ein klares „Nein“, denn wenn Wahrheit und Glaube zwei Zwillingsgeschwister sind, dann bedeutet das für mich, dass ich Beiden vertrauen kann.
Vertrauen entbindet mich nämlich nicht von einer regelmäßigen Prüfung meiner eigenen Glaubenssätze.
Nur durch ständiges (positives) hinterfragen, kann ich meinen Glauben erweitern und somit auch meine eigene Wahrheit.
Also, die heutige Moral lautet:
„Wenn Dir jemand etwas als „Wahr“ verkaufen will, ist es nur ein Glaube, der Dir angedreht wird. Wirkliche Wahrheit definiert jeder Mensch für sich allein“.
Oder im einfacheren Worten:
„Religion, Wissenschaft und Philosophie ist das selbe Glaubensprodukt aus dem Sortiment unterschiedlicher Wahrheitshändler“.
Natürlich ist alles, was vom Mausebär kommt, nichts als die reine Wahrheit, also immer schön bei mir abholen.
Euer philosophisch gestimmter Mausebär (td)
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