Was man nicht im Kopf hat…

Indigener Mausebär und der (hoffentlich nicht) letzte Kreuzzug

Da wollte ich doch gerade bei meinem Spaziergang wieder einmal ein paar Bilder machen und ein paar Nachrichten in den Äther husten, um mir und meiner Umwelt zu beweisen, dass ich auch heute fleißig meinen Asbestleib (oder so ähnlich) durch die Gegend gewuchtet habe.
Was fällt mir auf der ersten Parkbank auf?

Du hast das Smartphone vergessen, mein Michael (Frei nach Nina Hagen)

Jawohl, mein Handy lag noch friedlich auf dem Schreibtisch.
Da ich, wie kaum jemand weiß, mit zweitem Vornamen Michael heiße, also Thorsten Michael Mausebär Verbalterrorist Dürholt, mit vollem Namen (meinen dritten und vierten Vornamen will ich mir noch in den Ausweis eintragen lassen, da ist ja bald dank Freizügigkeit eine Menge möglich), darf ich mich selber als Verantwortlicher fühlen und schamhaft zu Boden blicken.
Gut, nach meinem Spaziergang bin ich viel zu fertig, um mich selber zu beschimpfen (oder gar bestrafen), aber dennoch merke ich, dass ich von mir ernsthaft ein wenig enttäuscht bin.

Das hab ich nun davon!

Die Konsequenz meines eigenen Versagens ist nicht nur, dass ich meine pseudosportlichen Leistungen nicht dokumentieren kann und daher auf Anerkennung und Zuspruch verzichten muss, dabei war ich ganz mutig wieder unterwegs, sondern ich musste mich auch Unterwegs, wegen mangelnder Alternative, mit meinen eigenen Gedanken auseinandersetzen, ohne die Möglichkeit diese einfach quasi „wegzukommunizieren„.
Alleine mit mir selber, ein schauderhafter Gedanke, denn ich bin wahrlich keine gute Gesellschaft, nicht einmal für mich.

Die Revue des Grauens

Was blieb mir übrig, als meinen Tag ein wenig Revue passieren zu lassen. Und schon am ersten Tagesordnungspunkt (TOP – wie der Experte sagt) blieb ich hängen.
Ja, ich hatte heute morgen meinen Wecker gestellt, exakt auf 10:30 Uhr (eine für mich schauderhafte Zeit), da ich gestern mit meiner lieben Mutter abgesprochen habe, dass ich kurz vor 11:00 Uhr bei ihr auf der Matte stehe (Eine Treppe runter, für die, die meine Wohnsituation nicht kennen), damit wir zu den Stadtwerken fahren können, um dort einige Dinge zu klären.
Um 10:20 wurde ich von der leiblichen Stimme meiner Mutter geweckt, die langsam mal los wollte.

Gestern in der Selbsthilfegruppe sprachen wir über Eltern und zuviel Fürsorge, die Kinder nerven kann. Ich behauptete steif und fest, dass es nicht die Fürsorge ist, die mich auf die Palme bringt. Ist es auch nicht, es ist die Ungeduld und die Erwartungshaltunng, die mich anfasst.
Ich mag die liebevolle Fürsorge meiner mutter, auch wenn es mich ein wenig stört, dass ich sie brauche.
Das ist aber mein Problem und das kreide ich nicht jemanden anderen an.
es ist so, dass meine Mutter einen komplett anderen Biorhythmus als ich hat (auch berufsbedingt) und die Geduld eines Eichhörnchens auf Nusssuche. Ich kann das verstehen, da ich dass geerbt habe, weswegen wir uns gegenseitig zum Wahnsinn treiben können.

Das ist ein uns Beiden bekanntes Problem und wir können (trotz aller Aufregung) darüber reden. Zumeist ist uns Beiden auch die unterschiedliche Sichtweise bewusst und wir versuchen, im rahmen unserer Möglichkeiten, darauf Rücksicht zu nehmen.
An guten tagen kann ich mit dieser Ungeduld von meiner mutter auch umgehen.

Aber warum fasst es mich so an?

Ich kam gerade auf den Gedanken, dass ein großer teil des Problems bei mir selber liegt. Es hat etwas mir Erwartungsmanagement zu tun.
Oder anders gesagt, es triggert mich, dass ich selber den Erwartungen, die meine Mutter stellt, nicht genüge.
Da ich dieses Gefühl bereits in der Kindheit hatte, aufgrund eines doofen Missverständnisses,…

Als Kind wurde bei mir recht frühzeitig eine mutmaßliche Hoch-Begabung festgestellt, die aber nie „Professionell“ gefördert wurde (war damals nicht üblich). Auch meine Grundschullehrer stellten fest, dass ich in einigen Dingen dem Unterrichtsstoff voraus war. Damals wollte meine Klassenlehrerin mich durch Zusatzaufgaben fördern, was ich aber falsch verstanden habe. Auch meine Mutter wollte meine Begabungen fördern, aber unglücklicherweise sorgte das dafür, dass ich mich für dumm hielt und dachte ich müsste extra üben, um den Ansprüchen zu genügen. Meine Begabungen wurden ausgeglichen durch soziale Anpassungsschwierigkeiten, so dass ich immer ein Problemkind war und mich deshalb minderwertig fühlte.
Wie gesagt, Mißverständnisse und meine schon frühzeitige Persönlichkeitsstörung, da kann man nichts machen

Eine quasi angehobene Fußnote zur Erklärung

…hat sich das in späteren Zeiten quasi verstärkt und verfestigt.
Immer wenn sich meine Mutter Sorgen macht, oder unzufrieden ist (oder auch ungeduldig), berührt das den teil in mir, der darunter leidet, dass ich quasi „nicht genug“ bin, dass ich nicht normal (also nach äußeren Erwartungen) funktioniere und für meine Mutter eine Enttäuschung bin. Diese Stimme bekomme ich nicht selber zum Schweigen, auch wenn ich rational verstehe, dass es eine übertriebene Sicht der Dinge ist (ich denke ein Kern Wahrheit steckt schon darin).

Auch wenn es meine Mutter nie sagen würde, weiß ich, dass ich eine Enttäuschung bin, oder sagen wir ein Sorgenkind.

Ja, auch ich wäre lieber ein Mensch mit akademischen Abschluss, einem guten Job mit festem Einkommen, mit Frau, Kindern und Hund, der es sich leisten kann, zweimal im Jahr Familienurlaub zu machen, zwei Autos zu unterhalten und im eigenem Haus lebt. Auch ich wäre gerne gesund, fit und gut aussehend, mit genügend Schwung und Elan, bei jedem kleinen Problem spontan aushelfen zu können. Auch ich hätte gerne die Kondition und Kraft einen sozialverträglichen Biorhythmus zu praktizieren.
Es wäre schön, wenn ich bei Besuchen Geschenke und gute nachrichten mitbringen könnte und Dinge liefern würde, die meine Mutter stolz in ihrem Freundeskreis rumzeigen kann.

Alles dass bin ich aber nicht, und werde es wahrscheinlich nie werden, egal wie viel Mühe ich mir gebe.
Und jedesmal, wenn ich bei einem meiner unzähligen Versuche, diese Erwartung zu erfüllen scheitern, fällt dieser ganze Berg der Vorwürfe und Inkompetenz (den ich mir wohlgemerkt selber mache) auf mich zurück.

Ich weiß, meine Mutter versucht stolz auf mich zu sein, aber da ist immer die Einschränkung „…trotz deiner Krankheit„, die mir zeigt, dass ich behindert bin, nicht ausreichend, nicht dem entsprechend, was ich hätte sein sollen.
Ich muss damit klar kommen und auch verstehen, dass ich da viel von meinem eigenem geringen Selbstwertgefühl einfach projiziere.
Ich denke, das ich einfach zuviel interpretieren und nehme alles etwas zu ernst (auch wenn der berühmte Kern der Wahrheit darin liegt).

Das zeigt mir, ich muss erst diese Stimme in mir loswerden und mich einfach lernen selber zu akzeptieren und mich selber zu lieben, wie ich bin, bevor ich die Ansprüche anderer Menschen an mich erkennen kann und bis dahin brauche ich viel Geduld mit mir selber und auch mit meiner Mutter.

Heute habe ich einen guten Anfang gemacht, den auf dem Rückweg von den Stadtwerken war ich erst in der Autowaschanlage und dann noch kurz Frühstück kaufen. meine ungeduldige Mutter nöhlte ein wenig, wie ein Kind, daher habe ich ihr vom Einkauf (sie blieb im Auto) einfach ein Überraschungsei mitgebracht. Eine liebevolle Art Kritik zu üben und Druck raus zu nehmen.

Ach, und noch etwas lief gut. heute habe ich wieder einmal zum Telefon gegriffen und ohne Not und fast ohne Furcht telefoniert.
Daher habe ich auch mein Handy vergessen und ich glaube, dass ist mal ein guter Grund.

Und jetzt bin ich für heute fertig,

Euer Mausebär

Ein Kommentar

  • Hallo Mausebär,

    auch wenn sich einige Zeilen traurig und nachdenklich lesen, ist das was am Ende steht, etwas Gutes ☺️

    Erwartungen sind manchmal ganz schön anstrengend ☺️
    Aber dein Weg muss zu dir passen und auch wenn es nicht immer glatt läuft, wichtig ist, das ihr einander lieb habt und das ist bei deiner Mama auf jeden Fall so. ☺️
    Sie hat dich ganz dolle lieb ☺️
    Das macht stark und hilft weiter zu machen ☺️✊️
    Ich hoffe, du bleibst dir treu und wagst weiterhin den Schritt in die Freiheit und Natur ☺️✊️

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