Wer bin Ich, und wenn ja, wie viele…

Diese Nacht hat mich die Frage nach meiner Identität umgetrieben (und ein wenig vom Schlaf abgehalten).
Ich frage mich (mal wieder), wer ich eigentlich bin.

Abseits der einfachen Antworten, die ich auf den vielen lustigen Plastikkarten in meiner Brieftasche nachlesen kann (Ausweis, Führerschein, etc…) und der Kenntnis, dass ich heute wieder als Mausebär hier schreiben, gibt es so einige Fragen in meinem Leben.
Ich logge mich in sozialen Medien ein und spiele da meine Rolle (eine kleine zwar, aber immerhin). Diese Rolle ist sehr authentisch an meiner eigenen Mausebärigkeit angelegt, und somit so ehrlich, wie es mir irgendwie möglich ist.

Eine Rolle spielen, was bedeutet das?

Als jemand, der in den Themenbereich Sozialwissenschaften ein wenig Einblick erhascht hat, habe ich viel über die Definition sozialer Rollen gehört, gelesen und gelernt.
Was hängen geblieben ist, ist das eine soziale Rolle aus einem Set von Erwartungen besteht, die an die Rolle geknüpft werden. Wir alle wissen bestimmte Rollen die uns begegnen, wie zum Beispiel Lehrer, Eltern, Kinder, Verkäufer, Polizisten und so weiter, einzuschätzen und haben erlernte Erwartungen, die wir an diese Rollen knüpfen. Egal wie liberal und offen unser Denken ist, irgendwann erwischen wir uns dabei, gewisse Vorurteile oder Erwartungen mit einer bestimmten Rolle zu verknüpfen. das ist auch wichtig, um mit dem Überfluss an Informationen, der auf uns einströmt umzugehen. Unser Gehirn sucht Muster und verbindet diese mit abgespeicherten Erfahrungen und schon sind wir in freudiger (oder weniger freudiger) Erwartung ein bestimmtes Verhaltensmuster zu erleben. Sollte unsere Erwartung hingegen nicht erfüllt werden, kann uns das ganz schön aus dem Konzept reißen.

Es ist eine Tatsache des Lebens, das wir im Laufe unseres Lebens verschiedene Rollen annehmen (oder aufgedrängt bekommen – man hat nicht immer eine Wahl). Manche davon sind dauerhaft und begleiten uns vom Zeitpunkt der Annahme bis zu unserem Ende und manche begleiten uns nur eine bestimmte Zeit. So war ich zum Beispiel nur während der Zeit meines Wehrdienstes in der Rolle des Soldaten und habe diese Rolle danach (spektakulär) abgelegt. Ich werde aber bis zum Ende meiner ( beziehungsweise ihrer) Tage zum Beispiel der Sohn meiner Mutter bleiben (das werden Eltern nie los). Meine Rolle als Ehemann habe ich mit dem Tod meiner Frau verloren, die neue Rolle als Witwer werde ich wahrscheinlich unbegrenzt behalten. Ich war immer mal wieder Schüler und hin und wieder auch Lehrer (oder eher gesagt Dozent) und diese Rollen kommen immer mal wieder.
Und schon sind wir am nächsten Punkt. Nicht jede Rolle haben wir zu jedem Zeitpunkt. Auch wenn ich immer der Sohn meiner Mutter bleiben werde, so bin ich nicht in dieser Rolle, wenn ich mit Menschen agieren, die meine Mutter nicht kennen (auch wenn sie wissen, dass ich jemandes Sohn bin). Wenn ich gerade einkaufe, bin ich in der rolle als Konsument und Kunde zugegen, meine Rolle als Witwer ist dabei außen vor. Und wenn ich gerade als Dozent tätig bin, ist meine Rolle als ausgezeichneter und verblüffender Liebhaber etwas, was ich besser in der Hose lasse.

Wir alle wissen, dass Menschen viele Rollen haben, aber zumeist sprechen wir sie nur in einer Rolle an. Wenn ich mich hilfesuchend an eine Polizistin wende, ist mir in dem Fall echt egal, ob sie Hobby-Bauchtänzerin, liebenswerte Tochter oder was auch immer ist. meine Erwartungen beziehen sich auf ihre Rolle als Polizistin.

Eigentlich könnte ich jetzt eine ganze Abhandlung über soziale Rollen schreiben (mache ich vielleicht mal als regulären Beitrag zu unserer Seite), aber es soll ja um mich gehen.

Zur Zeit versuche ich zu sortieren, welche Rollen ich habe, welche ich haben will und welche mir zugewiesen werden. Und natürlich welches Bündel an Erwartungen damit jeweils verknüpft ist.

Meistens stelle ich selber zu hohe Erwartungen und weiß, dass ich meine eigenen Ansprüche nicht erfüllen kann. ich sehe mich dann als jemand, der die angenommene Rolle nicht ausfüllen kann und somit als jemand, der nur vortäuscht diese Rolle „verdient“ zu haben.
Quasi als Hochstapler und Betrüger.
Als Narzisst prahle ich gerne mit der Vielzahl meiner wichtigen Rollen und meine eigene Unsicherheit macht mir danach das Leben schwer, weil ich Angst habe, als „Schummler“ erwischt zu werden.

Daher versuche ich gerade eine klare Übersicht über meine Rollen und die daran geknüpften Erwartungen zu bekommen. Und zwar eine faire Beurteilung, damit ich endlich weiß, in welche Rollen ich passe und in welche nicht.

Die Reise zu einem Selbst findet wahrlich niemals ein Ende.

Euer Mausebär

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