Die Frage nach der Toleranz

Ein spontaner Guerillabeitrag über den eigenen Toleranzbegriff vom Mausebär (a.k.a. Thorsten Dürholt)

Warum ein Guerillabeitrag ?

Ich stelle diesen Text mal wieder ohne die redaktionelle Überarbeitung durch mein Lektorat (a.k.a. Sonja, alias das Alphatier) ein. Und das, obwohl wir noch vor ein paar Minuten sehr erfolgreich meinen letzte Text überarbeitet haben (mein Feind die Grammatik).
Aber ich habe mir versprochen jeden Tag einen Text einzustellen (jedenfalls während der Krise) und der andere Text war ja von gestern.
Also kommt hier mein heutiges Machwerk.

Warum ein Text über Toleranz ?

In letzter Zeit bemerke ich eine seltsame Eigenschaft bei mir.
Ich bin Intolerant.
Nicht, dass ich das nicht von mir wusste. Ich habe mich schon lange mit der Thematik „Toleranz und Intoleranz“ beschäftigt. Zur Zeit fällt es mir nur Unangenehm auf.
Zuallererst natürlich an Anderen.
Ja, über meine Mitmenschen kann ich mich prima aufregen. Jeder hat es doch bemerkt, wie mies sich die Gesellschaft immer mehr entwickelt.
Doch ist das wirklich so oder liegt es an meiner Wahrnehmung der sogenannten Gesellschaft?
Ist es eine Beobachtung oder nur wieder eine andere Form von „die Anderen“?

Seit einiger Zeit beobachte ich mich selber und mach mir geistige Notizen über den Stand meiner eigenen Toleranz.
Die Ergebnisse sind alles Andere als zufrieden stellend.
Liegt es am Alter?
Macht die aufkommende Lebenserfahrung (ich wage nicht von Weisheit zu sprechen) gleichzeitig unflexibel im Denken?

Ich war immer Stolz darauf, jegliche Sichtweisen nachvollziehen zu können.
Perspektivenübernahme ist mein Zauberwort.
Kann ein Mensch der in der Lage ist, die Perspektive seiner Mitmenschen einzunehmen überhaupt Intolerant sein?

Was ist überhaupt Intoleranz?

Allen voran, ich bin nicht der Duden und auch nicht Wikipedia. Meine Definition von Intoleranz ist zuallererst ausschließlich meine Meinung. Wer für sich eine andere Sicht hat, darf (Nein, sollte) diese gerne haben.
Ich würde mich sogar freuen, wenn er diese in den Kommentaren mitteilt. Aus Diskussionen kann ich am Besten (und am meisten) lernen.

Intoleranz ist für mich genau das Gegenteil von Perspektivenübernahme.
Es geht nicht darum zu erkennen, das Menschen (oder andere Dinge) sich unterscheiden. Das sind Tatsachen. Wir sind nicht gleich.
Es geht auch nicht darum, die Dinge wertungsfrei zu halten oder alles zu akzeptieren.
Es geht für mich darum, einfach mal meine eigene Sichtweise zu verlassen und die Perspektive eines Anderen anzunehmen.
Mir zu überlegen wie Dieser eine Situation bewertet und warum er so handelt.
Es geht mir nicht darum etwas zu rechtfertigen, oder meine Meinung zu ändern sondern um Verständnis.
Tolerieren bedeutet für mich nicht gleich Akzeptanz.
Es bedeutet für mich eine neue Deutungsebene einzunehmen.
Mal „ein paar Meilen in eines anderen Menschen Schuhe zu laufen“- wie es eine amerikanische Redewendung empfiehlt.
Vielleicht führt es zu Akzeptanz, also dazu, dass ich dieses Verhalten als annehmbar hinnehme. Vielleicht lerne ich sogar eine neue Verhaltensweise. Oder im schlimmsten Fall muss ich erkennen, dass ich ein gewisses Verhalten so wenig verstehe, dass ich es „aus meiner Welt tilge“, also mit totaler Ignoranz sanktioniere.
Ich möchte gerne offen sein.

Als junger Mensch entschied ich mich „Intolerant gegen Intoleranz“ zu sein.
Erst in meiner Ausbildung zum Erzieher begann ich daran zu zweifeln. Schuld war mein Religionslehrer.
Großspurig verkündete er: „in meinem Klassenraum darf jeder Alles sagen, nur wer rassistische oder diskriminierende Bemerkungen macht fliegt raus“.
Die Worte schwangen noch in der Luft, als sich mein ausgestreckter Arm dazu gesellt.
Mir brannte die Frage auf den Nägeln, ob Rassismus zu sanktionieren nicht auch eine Form von Diskriminierung wäre.
Die kurze Diskussion mit dem Lehrer brachte nur ein Ergebnis, nämlich das wir uns fortan nicht leiden konnten (ich merkte es vor allem an der Note).
Das bewegte was in mir. Ich wollte nicht diskriminieren.
Ich wollte nicht Intolerant sein.
Ich beschloss für mich, niemals Mitglied einer Bewegung zu sein, die gegen etwas arbeitet, sondern wollte mich für ein „Dafür“ engagieren. Ich wollte mich neben dem, liebevoll von Ulli Stein gezeichneten, Pinguin mit dem Schild „Dagegen“ setzen mit dem Schild „Dafür“.

Und nun ?

Schwerer umzusetzen als gedacht.
Es gibt soviel in der Welt was mir nicht passt und manchmal habe ich keinen Mut mehr die Welt einfach durch ein anderes Vorbild zu verändern.
Es ist soviel einfacher zu hassen, als zu lieben.
Aber auch soviel unbefriedigender.
Während ich jetzt schreibe kommt bei mir neuer Mut auf. Ich spüre wieder das sich meine Stimme in mir erhebt, die genau diese Einstellung immer predigt und mir stets Mut zuspricht.

Ich war in letzter Zeit sehr oft Intolerant und es geht mir nicht gut.
Liegt es an der Welt, oder an mir ?
Ich werde es erfahren, denn ich werde weitermachen und weiter andere Perspektiven erkunden.
Weiter meinen Horizont erweitern.
Weiter in der Diskussion bleiben.
Und weiter lernen, denn das macht mich aus.
Es wird manchmal anstrengend aber die Schätze die ich in meinem Gedanken und in meinen Gefühlen verwahre sind so ungleich viel wertvoller.
Ich versuche es weiter und öffne mich für neue Sichtweisen. Statt von mir auf andere zu schließen, werde ich einfach mal anders sein.
Ich bleibe neugierig, den Neugier ist der größte Widersacher der Intoleranz und am Ende auch des Hasses und der Angst.

Ladet mich doch auch mal in eure Gedanken ein,

Euer Mausebär (a.k.a. Thorsten Dürholt)

3 Kommentare

  • Teleranz.
    An einigen stellen deiner Betrachtung bin ich absolut bei dir an anderen stellen fühle ich nur Provokation.
    Da Provokation eines deiner lieblingsinstumente ist,und du im umgang ist ihr sehr geübt bist.
    Sollte ich mir jeglichen Komentar verkneifen. Das jedoch Will ich deinem Narzisten nicht an tun.
    Dein Beitrag ist (jedenfals für einen simpelen geist wie dem meinen) recht umfangreich und Wahrscheinlich auch Philosophisch.
    Über philosophie weiß ich eigentlich nur das es dieses Wort gibt.
    ich sehe mich nicht in der Lage auf deine Gesqmte Betrachtubg ein zu gehn,also picke ich mir einen einzigen Punkt heraus den ich auf meine Spetzielle Art Komentieren möchte.

    Ich beschloss für mich, niemals Mitglied einer Bewegung zu sein, die gegen etwas arbeitet, sondern wollte mich für ein „Dafür“ engagieren. Ich wollte mich neben dem, liebevoll von Ulli Stein gezeichneten, Pinguin mit dem Schild „Dagegen“ setzen mit dem Schild „Dafür“.

    Dieser Satz von dir!
    Ist reine Haarspalterei.
    Nur ein Wortspiel ohne substanz. Denn wenn ich FÜR Toleranz bin,bin ich automatisch GEGEN Intoleranz.
    Es ist einfach nicht möglich nur für etwas zu sein ohne gegen etwas zu sein.
    Ich glaube der passende Begriff,Ist wohl „Paradoxum“

    Der bösartig grinsende Gandalf.

    Antworten
    • Ja, da sehe ich ein, aber mir geht es um den Fokus, der mir wichtig ist. Mir ist klar, dass ich, wenn ich eine Pro-Bewegung fördere, nicht unbedingt positiv für die jeweilige Gegenbewegung wirke. Der Unterschied ist der, das ich gerne etwas anbiete und deshalb die Aussage „Ich bin für Toleranz“ besser finde als die Aussage „Ich bin gegen Intoleranz“. Mit dem einem fördere ich einen Gedanken, mit dem anderen lehne ich ihn ab.
      Das mag auf den einen oder anderen wie Wortklauberei wirken, geht mir aber um das grundlegende Prinzip.
      Und es ist durchaus möglich, den nur weil ich mich für Toleranz entschieden habe, lehne ich Intoleranz nicht mehr grundsätzlich ab, sondern toleriere, dass auch dieses ein Teil unseres Lebens und unserer Gesellschaft ist. Den wenn ich Intoleranz nicht toleriere, bin ich dann tolerant?
      Es geht darum eine Alternative zu bieten, für einen besseren Weg zu sein, statt gegen einen falschen Weg. Wie gesagt, eine Frage des Fokus

      Antworten

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