Maskentanz und Mummenschanz

Eine kleine Erklärung, ganz unpolitisch gemeint, warum der Mausebär (td – ja, ich arbeite jetzt auch mit Kürzel) keine Maske tragen möchte.

Heute hatte ich gleich zwei begründete Ausflüge in die böse Welt außerhalb meiner heimeligen Höhle.
Der eine Weg führte mich zu meinem Reifenexperten des Vertrauens, bei dem ich meine Winterreifen einmotten ließ, um mit meinen Sommerreifen vom Hof zu reiten, bzw. zu fahren.
Der zweite Weg führte mich, in angenehmer Gesellschaft durch meinen Betreuer (auch des Vertrauens), zu meinem wöchentlichem Einkaufshorror. In jugendlichem Leichtsinn hatte ich wieder die Pfandflaschen von mehr als zwei Wochen gehortet und ich denke, ein Pfandbon von über 18€ ist ziemlich selbsterklärend.
In allen Fällen hatte ich meinen neuen Begleiter, die verordnete Gesichtsbedeckung.
Während ich am Montag schon erste Erfahrungen mit meinem alternativen Palästinenser-Tuch aus alten Punkzeiten sammeln konnte und die Erkenntnis gewinnen durfte, dass sich bei schönem Wetter mit dicker Wolle zu vermummen echt schweißtreibend und den Atem störend ist, sammelte ich heute Erfahrungen mit einem Wegwerf-Mundschutz aus dem Vorrat der Pflegestation in meinem Zuhause und bei der zweiten Tour mit einem wunderbaren Geschenk in Form einer handgenähten Einhornmotiv- Maske.
Ich war also, trotz meiner inneren Auflehnung, brav und hielt mich an die verordneten Maßnahmen.

Dennoch fühle ich mich mit der Situation unwohl und kann das auch erklären.

Doch bevor ich dazu komme, brauche ich noch eine Erklärung vorab.
Ich weiß, das Thema triggert zur Zeit nahezu jeden Menschen und Meinungen kochen hoch wie überhitzte Atomkraftwerke.
Selbst ich bin darüber schon explodiert.
Das, was ich hier schreibe, ist kein Politikum, sondern alleine meine Ansicht und Meinung.
Ich möchte damit keinen Menschen zu irgendwas anstiften, radikalisieren oder ähnliches, sondern nur meine Sicht der Dinge wiedergeben. Auf keinen Fall möchte ich auf den Sinn oder auch Unsinn der Maskenpflicht eingehen. Ich könnte mich dazu äußern, will ich aber nicht, da eine vernünftige Diskussion, in diesem politisch aufgeheizten Kontext, meiner Meinung nach nicht zielführend ist.
Die Entscheidung wurde getroffen und die Verordnung ist jetzt da, damit Basta.

Es geht mir ausschließlich um mein Gefühl.
Es passt für mich nicht zusammen, dass ich mich an eine Regel halten soll, deren Sinn ich bei aller Liebe nicht verstehen kann.
Ja, ich kenne alle Erklärungen, habe mir alle Seiten angehört, und verstehe auch die Unterschiedlichen Methoden. Es scheint nur niemand verstehen zu können, das ich mir daraus einfach selber eine Meinung bilde.
Und ich habe ein Recht auf diese Meinung.
Und auch andere haben ein Recht auf ihre Meinung, auch wenn sie mit meiner nicht übereinstimmt.
Ich bin überzeugter Demokrat und denke, wenn halt mehr Leute eine andere Meinung haben, dann sollte ich mich halt anpassen und dem Weg der Gesellschaft folgen.
Aber ich muss es weder toll finden, noch unterstützen.

Persönlich finde ich auch toll, wie viele Leute aus der „Pro-Maske-Fraktion“ sich Mühe geben, andere Leute zu unterstützen. Nähaktionen und ähnliches, genauso wie gemeinsame Maskenbeautytipps oder andere positive Beiträge.
Ich freue mich über den teilweise so liebevollen und sozialen Umgang mit der Situation.
Mein Problem mit der Maskenpflicht besteht nicht darin, dass ich das ganze Unsinnig finde. Da gibt es weit unsinnigere Gesellschaftsregeln, die ich auch toleriere.
Mein Problem besteht aus meiner persönlichen Krise und meinen eigenen Erkrankungen und diese Sicht möchte ich gerne mal schildern.

Ich habe eine Angststörung!
Meine behandelnden Ärzte sind sich nicht sicher, ob es sich um eine generelle Angststörung oder eine sogenannte Sozialphobie handelt.
Fakt ist, ich fühle mich im Umgang mit fremden Menschen extrem unwohl.
Aus diversen Ängsten heraus habe ich bereits als Kind gelernt, Mimik und Gestik von Personen zu deuten, da ich diese schon immer als sehr ehrliche Kommunikationskanäle erkannt habe.
Ich habe extreme Angst in Menschenmassen und fürchte große, anonyme Ansammlungen.
Durch die vermummten Gesichter und den zur Zeit vorherrschenden, unsicheren körperlichen Umgang miteinander, fühle ich mich extrem verunsichert.
Ein wichtiger Teil meiner eigenen Analyse der Umgebung ist dadurch gestört und das triggert mich auf das ungemeinste.
Der Aufenthalt unter Vermummten macht mich extrem aggressiv und ängstlich.
Daher brauche ich im Moment meine wöchentliche Einkaufsbegleitung, um mich abzulenken und „runter zubringen“.

Deshalb finde ich auch, dass die Benutzung von Masken mich als individuelle Persönlichkeit schädigt und bezweifele, dass ich so eine spezielle Schneeflocke bin und ich damit alleine dastehe.
Und bevor sich jemand aufregt, sage ich noch schnell, dass mein Angstgefühl mich so sehr in meiner Lebensqualität beeinflusst, dass ich dadurch tatsächlich die potentielle Gefährdung anderer Personen als zweitrangig sehe.
Das mag egoistisch sein, aber wenn jemand das ernst meinen würde, könnte er einen Beitrag leisten und für mich einkaufen fahren, gerne auch mit Maske.
Handeln statt meckern.

Damit endet es aber noch nicht…

Ich habe eine Persönlichkeitsstörung.
Einen großen Teil meines Lebens habe ich hinter Masken gelebt. Keine physischen Masken, sondern verschiedene Rollen, die ich sehr akribisch eingenommen habe.
Das führte bei mir zu einer inneren Zwangsproblematik, durch die ich mich in meinem Verhalten immer perfekt meiner Umwelt anpassen wollte.
Ich habe meine eigene Persönlichkeit erfolgreich unterdrückt und eine Unzahl an alternativen Persönlichkeiten aufgebaut, in deren Rolle ich schlüpfen konnte.
Das Problem war, dass meine Persönlichkeitsentwicklung darunter enorm gelitten hatte.

In den letzten Jahren habe ich damit begonnen, meine Masken systematisch abzubauen und Nähe und Persönlichkeit zu zeigen.
Viel positives Feedback und schöne Momente haben mir gezeigt, dass mir dieser Weg gut bekommt und ich Fortschritte mache.
Aber wenn ich die Masken aufsetze, klickt etwas in mir um. Ich spüre regressives Verhalten in mir und bemerke, wie alte Muster in mir aufsteigen.
Ich möchte mir die Maske abreißen und darauf herumtrampeln.

Beide Probleme gemeinsam bedeuten für mich die ernsthafte Gefahr, in meiner Erkrankung Rückschritte zu machen.
Wenn die Situation länger anhält, bleibt mir nur die soziale Isolation (wie ich es früher schon einmal hatte) oder die Reaktivierung meiner soziopatischen Anteile, um meine eigene Seele zu schützen.
In jedem Fall macht die Maske etwas schlechtes aus mir.

Hinzu kommt, dass ich ein extrem adipöser Diabetiker mit Bluthochdruck bin.
Mir fällt Bewegung schwer und zur Zeit komme ich nicht zu meinem einzig akzeptablem Sport und kann somit auch nichts dagegen machen. Konsequenz – ich bin kurzatmig. Unter der Maske bekomme ich extrem schlecht Luft und meine Körperhitze staut an.
Nach dem Besuch eines einzigen Discounters bin ich absolut durchgeschwitzt und hechele wie ein Husky in der Sahara.
Ich fürchte Atemnot und Kreislaufprobleme.
Und ich glaube, ich bin nicht der einzige Mensch mit diesen Problemen. In mir springt mein persönlicher Hasskasper an und schreit: „ Ja, die Fetten dürfen am Kreislaufkollaps krepieren, damit die alten Menschen länger leben können. Das ist mal Rücksichtnahme!!!“
Ich fürchte, über diese Punkte denken viele Menschen nicht nach und verurteilen lieber pauschal alle Maskengegner als Egoisten und Asoziale.
Und sie haben recht, ich bin Egoist. Und Warum?
Weil die wenigsten über meine Probleme nachdenken und sich auch irgendwer um mich kümmern darf.
Und ich bin auch asozial. Und Warum?
Weil ich dazu gezwungen werde, mich aus der Gesellschaft zu distanzieren.

Es wäre schön, wenn manche Menschen einfach mal überlegen würden, warum andere Menschen so sind, wie sie sind.

Ich werde demnächst mit meinem Hausarzt diese Probleme besprechen und hoffe auf eine Ausnahmegenehmigung von der Maskenpflicht.
Für meine Gesundheit.
Aber wenn ich so an die pseudomittelalterlichen Rotten denke, die skandierender Weise mit Mistgabel und Fackel durch die digitalen Landschaften pöbeln um sämtlichen nicht-maskentragenden Ketzern ihr finsteres Zauberwerk austreiben wollen, suche ich lieber schon mal Online nach feuerfester Unterwäsche. Wir sehen uns dann am Scheiterhaufen…

Euer, durch Masken unangenehm berührter, Mausebär (td)

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