Selbsthilfe im Ausnahmezustand VI: Herausforderungen einer Telefonkonferenz

Unser zweiter großer Testlauf in Sachen Selbsthilfe über Google Duo fand am Dienstagabend statt und bot mir wieder diverse Einsichten in die Probleme und Möglichkeiten dieser Kommunikationsmethode.
Zuallererst möchte ich noch einmal betonen, dass jede Form von Selbsthilfe besser ist als keine Selbsthilfe. Ich bin den Anbietern der diversen digitalen Kanäle sehr dankbar dafür, dass es auch uns Normalverbrauchern möglich ist, in der Krise zu kommunizieren.

Klar wurde mir zuerst, der Moderator hat viel stärker die Aufgabe das Gespräch zu leiten, denn wenn mehr als eine Person redet versteht niemand etwas. Nach den ersten Erfahrungen werden viele sehr zurückhaltend und abwartend, wann den ihre Sprechzeit ist.
Ein direktes Ansprechen durch den Moderator ist dann hilfreich und sorgt für ein ausgeglichenes Gespräch. Videoübertragung sorgt dafür, dass man sich auch nonverbal zu Wort melden kann.
Im Allgemeinen erhöht dieser Umstand die Gesprächsdisziplin und führt zu mehr Einsicht andere aussprechen zu lassen, allerdings fordert Disziplin auch Energie.
Eine Besonderheit der Videokonferenz ist der Schutz, aber auch die Unverbindlichkeit durch die eigene Wohnung.
Während es zum einem dafür sorgt, dass ich mich jederzeit in meine Kuscheldecke einwickeln kann, stört doch ein wenig die Ablenkung durch das eigene Umfeld.
Wenn ich persönlich irgendwo hinfahre, komme ich vorbereitet und bin ganz an diesem Ort. Die Telefonkonferenz kommt zu mir und theoretisch könnte ich dabei auf dem Klo sitzen, in der Badewanne liegen oder im Liegestuhl im Garten faulenzen.
Es fehlt mir immer noch die Verbindlichkeit des Ortes. Dieser Umstand kann und sollte durch ein Gespräch mit den Teilnehmern geklärt werden, denn ein Gefühl von mangelnder Ernsthaftigkeit kann viele sensible Themen hemmen.
Es gibt ein Teilnehmerlimit bei allen Videochats, die ich bis jetzt kenne. Das hat zwar den Vorteil einer übersichtlichen Gruppe, aber auch das Problem zu entscheiden, wer wann willkommen ist.
Eine Lösung ohne Video hingegen erlaubt mehr Teilnehmer, verliert aber ein Teil seiner Kommunikation durch Körpersprache und Mimik.
Ein weiterer Punkt ist zusätzlich, dass wir alle das Bild von der älteren unattraktiven Hausfrau kennen, die beim Bügeln mal eben die Sex-Hotline als Haushaltsgeldverbesserung nutzt. Ich möchte nicht, dass Jemand während ich mich öffne und von mir berichte, nebenbei bügelt (oder andere Dinge macht).
Der größte Vorteil der Videokonferenz ist aber der, dass man Teilnehmer unabhängig von der räumlichen Entfernung und ohne Anstrengung in ein Gruppengespräch bringen kann.
Das schließt sowohl erkrankte Teilnehmer, Teilnehmer an entfernten Wohnorten oder Teilnehmer, die anderweitig in der Mobilität eingeschränkt sind, ein.
Auch könnte man Dozenten ganz ohne Reiseaufwand verpflichten.

Ich persönlich denke, die Möglichkeiten bieten Chancen und auch wenn der digitale Kontakt niemals das persönliche Treffen ersetzen werden kann, so schafft es doch Möglichkeiten, die auch weit nach der Krise noch nützlich sein werden.
Ich danke meinen Phönixen, dass wir zusammen durch die Krise gehen, und zusammen lernen,

Thorsten Dürholt

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