Speaker’s Corner: So viele Masken
Sonja Utzenrath sinniert über ein soziales Engagement der überaus sympathischen Art.
Meine liebe Freundin Iris hat, als persönliche Bewältigungsstrategie inmitten des Corona-Wahnsinns, sehr frühzeitig damit begonnen, die Vorräte aus der gut gefüllten Stoff-Schatulle des Quilt-Hobbies in ansehnliche „Alltags-Masken“ (Mund-Nasen-Schutz) zu verwandeln.
Während in Deutschland noch diskutiert wurde, ob und in wie fern eine solche Maske hilfreich oder gar sinnvoll sei, etliche Promis sich der Aktion „#MaskeAuf“ anschlossen und das Robert-Koch-Institut (RKI) sich skeptisch äußerte, saß sie an der Nähmaschine und nähte. Jede Maske wurde liebevoll verpackt und mit einem erklärenden „Beipackzettel“ versehen.
Nachdem Freunde und Familie versorgt waren, stellte sich die Frage der Verteilung. Sie traf mit dem örtlichen Kioskbesitzer eine Absprache. Ein Karton mit Masken wurde aufgestellt, ein Sparschwein dazu und jeder durfte sich eine Maske nehmen. Eine Spende für neues Material wurde erbeten, aber nicht erwartet. Die ersten fünfzig Masken verdampften geradezu, so schnell war der Karton leer. Neues Material wurde gekauft, noch bevor die Geschäfte schließen mussten.
Die Masken fanden reißenden Absatz, nicht wenige gaben reichlich. Nachbarn und Bekannte aus dem Viertel sprachen sie an und bedankten sich. Eine der Bewohnerinnen des Viertels stellte eines Tages einen großen Ballen Stoff vor ihre Türe als Spende, weil ihr die Aktion so gut gefiel. So viel Stoff war allerdings erdrückend, weshalb sie den Stoffballen mit einer weiteren Nähstube teilte, die auch ehrenamtlich Masken herstellen.
Jetzt, wo die Masken verpflichtend getragen werden sollen, werden sie an vielen Stellen zum Kauf angeboten. Meine Freundin möchte sie aber weiterhin nicht verkaufen. Das ist ihr ein wichtiges Anliegen.
Mittlerweile hat sie allein 250 Masken genäht. Sie hat viele Stunden an der Maschine gesessen.
Jetzt mag sie nicht mehr. Sie ist müde geworden und ich kann sie gut verstehen.
Die letzten Masken werden durch vertrauenswürdige Menschen in unserer Umgebung an Menschen verteilt, die nicht viel Einkommen haben.
Ich bewundere Iris für ihr Engagement, denn ich selbst habe es gerade einmal geschafft, Masken für meinen Mann und mich zu nähen. Für weitere Nähaktionen reichte meine Kraft in den letzten Wochen nicht.
An dieser Stelle möchte ich mein virtuelles Glas erheben und Iris, wie auch den vielen anderen fleißigen Masken-Näherinnen in Deutschland und der Welt, für ihren Einsatz danken.
Umarmen darf ich sie leider zur Zeit nicht, obwohl wir das beide gern dringend tun würden und es sehr vermissen. Ich sehne die Zeit herbei, in der das wieder möglich sein wird.
Mit sinnenden Grüßen,
Sonja Utzenrath
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