Spiel mit mir ein Spiel…

Ein spielerischer aber auch bildender Text über die Bedeutung des Spielens vom Mausebär (a.k.a. Thorsten Dürholt).

Wie ich bereits gestern geschrieben hatte, war ich am Freitag und am Samstag auf einer Rollenspiel-Convention.
Natürlich war ich nicht physisch vor Ort, sondern blieb mit dem Hintern schön zuhause in meinen vier Wänden.
Die Veranstaltung war eine digitale Aktion in Kooperation mit vier deutschen Spieleverlagen. Auf einem Discordserver traf man sich digital und spielte online mit Menschen aus der gesamten Bundesrepublik (theoretisch sogar weltweit).
Am Freitag spielte ich mit Menschen aus Hamburg, am Samstag war ich an einem „Tisch“ mit jemandem aus München. Egal ob Jung oder Alt und unabhängig von Geschlecht, Aussehen, Bildungsstand, Einkommen oder Herkunft, spielten wir friedlich ein paar Spielrunden zusammen.
Am Freitag ging es mir großartig. Am Samstag merkte ich die Anstrengung, die mit der, mir noch neuen, Kommunikationsform verbunden ist.
Trotzdem war ich Samstag, spät in der Nacht, euphorisch von dem erlebten.
Während ich gestern noch ziemlich platt war und erst mal der Ruhe bedurfte, geht es mir heute wieder großartig. Zeit für mich, mir ein paar Gedanken zum Thema „Spiel“ zu machen.

Erstmal ein wenig Theorie…

Auch bei diesem Thema fange ich von der nüchternen Seite an.
Ja, das Thema Spiel hat eine nüchterne Seite. Es gibt meterweise Bücher, gefüllt mit dem Thema „Spieltheorie“.
Nicht nur in der Sozialwissenschaft ist das Thema präsent. In der Mathematik wurde die Spieltheorie tatsächlich zur Berechnung von Entscheidungssituationen entwickelt Und bereits vier Mal war die mathematische Beschäftigung mit diesem Thema dem Nobelpreiskomitee eine Auszeichnung wert.
Auch den Wirtschaftswissenschaften ist die Theorie des Spieles nicht fremd. Als festes Analyseinstrument wurde die Theorie aus der Mathematik übernommen.
Selbst das sonst so trockene Militär begeistert sich für sogenannte „Planspiele“ und „Simulationsspiele“. Diese waren schon in der Antike ein fester Bestandteil des Repertoires eines jeden erfolgreichen Feldherren.
Natürlich würde kein politischer, ökonomischer oder militärischer Anführer je zugeben, dass er sich des Spiels als Entscheidungshilfe bedient. Schließlich sind das ja ehrwürdige Herren (oder Damen).
Aber wie sagte Friedrich Nietzsche in seinem Werk „Menschliches, Allzumenschliches“ schon so bewundernswert:
„Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!“.
Und in dem Buch „Jenseits von Gut und Böse“ verkündet er dann:
„Reife des Mannes: das heißt den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.“

Mein Fachgebiet ist da natürlich das Sozialwissenschaftliche.
Während meiner Ausbildung zum Erzieher genoss ich zwei Jahre lang das Unterrichtsfach „Spiel“.
Das war nicht zynisch gemeint, es war tatsächlich mein absolutes Lieblingsfach, auch dank meiner grandiosen Lehrerin. Sie schaffte es bei mir, die Theorie zu vermitteln und mir einen Blick auf das große Bild nahe zu bringen, ohne mir den Spaß an der Sache zu verderben.
Noch heute würde ich sagen, dass dieses Fach meine Nummer eins unter allen Schulfächern jemals war (dicht gefolgt von Theater/ Literatur).

Was bringt mir jetzt die graue Theorie?

Spielen ist ein Teil unseres Entwicklungsprozesses.
Während wir spielen, lernen wir. Wir lernen sogar äußerst effektiv.
Daher ist der Trieb zum Spiel auch ein fester Bestandteil in uns allen.
Während bei Kindern dieser Drang noch am größten erscheint, verliert der Mensch selten den Bezug zum Spiel.
Das Spielen an sich kann die verschiedensten Fähigkeiten effizient trainieren. Welche genau ist natürlich abhängig vom jeweiligem Spiel. Man nenne mir ein beliebiges Entwicklungsfeld und ich werde ein Spiel dazu finden (oder habe bereits eins). Meist werden mehrere Entwicklungsfelder gleichzeitig trainiert. Und das Ganze dann noch mit Freude, was das gelernte auch noch positiv verstärkt.

Viele Eltern heutzutage versuchen ihre Kinder durch wer weiß was für Hobbys zu fördern und wissen gar nicht, das wenn sie dasselbe Kind einfach spielen lassen würden, sie eine wesentlich effizientere und auch kostengünstigere Alternative nutzen würden.

Selbst Tiere lernen spielerisch untereinander. Sei es im Gerangel, um sich auf Revierkämpfe vorzubereiten, oder beim „Fangen“, um sich Jagdfähigkeiten anzueignen – Spielen bereitet sie, wie auch uns, auf die Realität vor.
Verschiedenste Versionen und Arten von Spielen erlauben uns, unsere Kompetenzen in fast allen Disziplinen zu verstärken. Wir lernen körperlich, geistig und auch sozial. Wir können unsere taktischen und strategischen Fähigkeiten üben, also unsere Möglichkeiten, kurz- und langfristige Pläne zu entwickeln, indem wir Strategiespiele (z.B. Schach) spielen. Wir können unseren Wortschatz (Scrabble) oder unser Allgemeinwissen (Trivial Pursuit) verbessern. Unsere Menschenkenntnis schärfen (Poker) oder einfach im gemeinsamen Spiel unsere sozialen Kenntnisse erweitern. Egal was wir lernen oder vertiefen wollen, es gibt eine spielerische Möglichkeit.

Und mal wieder eine Predigt…

Ich würde mich freuen, wenn alle Menschen die Zeit der Krise nutzen, um mehr aus sich zu machen.
Das gemeinsame Spiel ist ein sicherer Weg dahin. Und auch die Kontaktsperre liefert nur oberflächlich eine Barriere. Carsten Giesen hat schon auf unserer Seite eine ausgezeichnete Möglichkeit vorgestellt und es gibt noch etliche mehr. Mittlerweile gibt es im Internet dutzende Möglichkeiten gemeinsam zu spielen. Jede Art von Spiel in verschiedensten Abstufungen der sozialen Kommunikation.
Ich nutze davon die verschiedensten Formen, um mich selbst weiter zu entwickeln und Spaß zu haben.
Vielleicht treffen wir uns ja auch mal auf einen netten Spielabend, irgendwo im Äther.

Bis dahin verbleibe ich verspielt und fröhlich,

Euer Mausebär (a.k.a. Thorsten Dürholt)

2 Kommentare

  • „Wir hören nicht auf zu spielen weil wir alt werden,
    wir werden alt weil wir aufhören zu spielen.“

    Weiß nicht mehr von wem, aber es passt wunderbar.
    Wann spielen wir mal wieder zusammen, Mausebär? 🙂

    Antworten

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